Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Eine mitreißende Frau

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Die Starnberger Lehrerin Heidi Altmann hat Generationen von jungen Menschen das Schauspielern beigebracht und Schulprojekte in fernen Ländern initiiert. Nun ist sie im Alter von 78 Jahren gestorben

Von Sabine Bader, Starnberg

Heller Haarschopf, Theaterbesessenheit, sportlich und quirlig: So kennen Generationen von Schüler Heidi Altmann. Mehr als 30 Jahre lang, von 1968 bis 2000, hat sie am Gymnasium Starnberg Deutsch und Englisch unterrichtet. Den Jugendlichen ist Altmann aber vor allem als mitreißende Schauspiellehrerin ein Begriff. Sie schaffte es, selbst die Jüngsten schon mit dem Theatervirus zu infizieren. So, dass sich viele Jahr für Jahr aufs Neue danach drängten, bei ihren Bühnenproduktionen dabei zu sein. Altmann schaffte es auch, dass etliche ihrer Kollegen Gefallen am Theaterspielen fanden. Vergangenen Mittwoch, 31. Oktober, ist sie im Alter von 78 Jahren im Hospiz in Polling an einem Krebsleiden gestorben. "Dass es so schnell gehen würde, hatte keiner von uns erwartet", sagt Horst Guckelsberger. Guckelsberger war Kollege, Freund und Sportkamerad von ihr. Etliche Ski- und Bergtouren und Reisen hatten sie gemeinsam mit anderen unternommen.

Heidi Altmann ist immer liebend gerne gereist - nicht selten davon ziemlich abenteuerlich. So schipperte sie beispielsweise mit einem kleinen Schiff um Spitzbergen oder fuhr auf einem Hundeschlitten durch Finnland. Ganz zu schweigen von den vielen Trips nach Nepal und Ladakh. Aber davon später mehr.

Altmann hat den Kontakt zu ihren ehemaligen Schülern nie abreißen lassen. Alljährlich trafen sie sich mit Ehemaligen, um die gemeinsame Theaterzeit Revue passieren zu lassen. Severin Meister ist einer von ihnen, ebenso wie Philipp Ullmann, Ingo Stefans, Markus Weiland, Michael Rücker und Leo von Klenze. Die Sechs haben vor gut 15 Jahren Abitur gemacht und erinnern sich nur allzu gerne an Altmanns Motto: "Theater muss sein." Damit sei es der Lehrerin auch gelungen, den Jugendlichen "viele Fähigkeiten beizubringen, die in manch' Unterrichtsstunde schwer zu vermitteln gewesen wären", sagen sie: Dazu zählten "Vertrauen in die eigenen Stärken" und "Großprojekte gemeinsam anzugehen". Besonders in Erinnerung sind ehemaligen Schülern und Lehrerkollegen Stücke wie Heinrich von Kleists "Prinz von Homburg", Schillers "Die Räuber" oder Gerhard Polts "Die Exoten". Und nicht zu vergessen war auch Carl Orffs "Die Bernauerin", zu deren Aufführung sogar Orffs Witwe Liselotte kam. Daran erinnert sich Guckelsberger noch genau, "denn für Heidi war es eine große Ehre". Altmann hatte auch einen Faible für Mundart. Sie spielte den bayerischen Jedermann und Michl Ehbauers bayerischen Faust. Theater war für sie nicht einfach ein Stück auf die Bühne zu bringen, sondern ein Gesamtkunstwerk mit bis zu 150 Mitwirkenden, anspruchsvollen Bühnenbildern, aufwendiger Technik und gerne auch Musik - zuweilen gar mit einem ganzen Orchester, wie in der Bernauerin. So schaffte sie es, Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Interessen für ihre Theaterprojekte zu begeistern. Kein Wunder, dass sie selbst gerne von einem "Gesamtspektakel", sprach. "Gelegentliche Kritik, ihre Großveranstaltungen würden den Schulbetrieb lahmlegen, ertrug sie mit der ihr eigenen Gelassenheit", erinnern sich Severin Meister und seine Freunde.

Heidi Altmann stammt aus Kehlheim und ist Jahrgang 1940. Die Jugend hat sie im Forsthaus ihrer Großeltern mitten im Wald verbracht. Vielleicht rührt daher auch ihre Liebe zur Natur und zu Tieren. Sie hatte einen Jagdschein und nahezu ihr ganzes Leben lang Rauhaardackel als Weggefährten. Sie liebte die Berge. Kein Wunder, dass sie nur allzu gerne zum Studium nach München ging und danach auch schnell die Stelle am Starnberger Gymnasium antrat. Ein Wechsel kam für sie bis zur Pensionierung Anfang 2000 nicht in Frage. Viel zu gut gefiel es ihr in Starnberg und ihrer Wohnung in Söcking. Eigene Kinder hatte Altmann nicht, dafür aber haufenweise Schüler, die ihr auch später noch nahe standen. Sie war geschieden, aber keineswegs einsam, sondern hatte viele Freunde und Bekannte um sich.

Seit den 1970-er Jahren hat sie Nepal bereist. Und auch nach ihrer Pensionierung fuhr sie weiter nach Ladakh, insgesamt an die 30 Mal, wo sie über all die Jahre mehr als 3000 Patenschaften für tibetische Kinder vermittelte und die Lamdon-School in Leh/Ladakh mit Spendengeldern unterstützte. "Das ist eine ganz großartige Leistung", findet Guckelsberger, der hofft, dass das Engagement für tibetische Kinder auch nach ihrem Tod vom Starnberger Gymnasium unterstützt wird.

Wann genau die Beerdigung von Heidi Altmann stattfindet, steht laut Guckelsberger noch nicht fest. Klar ist aber, dass sie auf dem Friedhof in Percha bestattet wird, auf dem schon ihre Mutter begraben ist.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2018
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