Nach Urteil:Gegenseitige Beschuldigungen

Starnberger Stadtrat und Bürgermeisterin streiten über hohes Anwaltshonorar

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Stadt, die Bahn, der Stadtrat und der Bahnvertrag von 1987: Immer mehr zeichnet sich für Starnberg ein finanzielles Desaster um die bislang nur teilweise erfüllten Verträge ab. Das Landgericht München fällte am Dienstag ein Urteil über ausstehende Honorarforderungen des Rechtsanwaltes Walter Georg Leisner, der für die Stadt ein Gutachten erstellt hatte, an Verhandlungen mit der Bahn teilnahm und die Mediation einleitete. Die Stadt soll 188 000 Euro zahlen, nachdem ein Vergleich über 120 000 Euro am Veto des Stadtrats gescheitert war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gleichwohl stellt sich die Frage, wer zahlen sollte: Die Stadt oder Bürgermeisterin Eva John, die den Vertrag mit Leisner aushandelte?

Für Stadtrat Tim Weidner (SPD) ist - mit Blick auf die Historie - die "mangelhafte und unkorrekte Amtsführung der Bürgermeisterin" ursächlich für das Urteil, weil Stadtratsbeschlüsse nicht oder zu spät umgesetzt wurden. Die SPD erkennt das Urteil an, hofft aber darauf, einen Teil des Schadens von John ersetzt zu bekommen. Otto Gaßner (UWG) betont, dass der Stadtrat im März mehrheitlich den Vergleich über 120 000 Euro ablehnte aus Sorge darüber, "dass hier etwas vertuscht wird". Speziell für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2017 "brauchen wir eine lückenlose Rekonstruktion der Zeitlinie über die Verhandlungen mit der Bahn".

Ähnlich sieht das FDP-Ortsvorsitzender Marc Fiedler: Die Aussichten für ein Berufungsverfahren sowie Regressansprüche gegen Starnberg oder John sollten juristisch geprüft werden. Martina Neubauer (Grüne) ist der Meinung, dass John den Honorarvertrag mit Leisner nicht hätte unterschreiben dürfen, zumal "der Stadtrat diese abenteuerliche Konstruktion mit großer Mehrheit nicht genehmigt hätte". Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, sei der Stadtrat verpflichtet, "die persönliche Haftung der Bürgermeisterin, die zum Schaden der Stadt gehandelt hat, zu prüfen und ein entsprechendes Verfahren anzustreben". Vertreter der CSU und der Bürgerliste wollten sich mit Hinweis auf das laufende Verfahren vorerst nicht zur Sache äußern.

Rechtsanwalt Hans-Peter Tauche, der Bürgermeisterin John vertritt, hält die Honorarforderungen Leisners für überzogen. Er glaubt, der von der Stadt beauftragte Jurist Christian Langgartner habe sich gegen die Ansprüche Leisners nur halbherzig verteidigt: Mit "Details der Honorarvereinbarungen und des sonstigen Verhaltens des Klägers" habe sich Langgartner gar nicht beschäftigt, erklärte Tauche. Grund für diese Strategie sei die Hoffnung, John in Regress nehmen zu können. Dabei habe die Landesanwaltschaft bereits im Disziplinarverfahren gegen John kein Fehlverhalten festgestellt. Im weiteren Verfahren werde dagegen zu prüfen sein, ob weitere Streitverkündungen gegen jene Stadträte ausgesprochen werden müssten, die den Vergleichswiderruf veranlasst haben. Der zusätzliche Schaden für die Stadt betrage derzeit rund 100000 Euro.

Die Klärung dieses Komplexes könnte auch Auswirkungen auf die Auseinandersetzung zwischen der Stadt und der Bahn haben: Der Staatskonzern macht Forderungen in Höhe von 170 Millionen Euro geltend. Die Zahlung soll bis Freitag, 13. Dezember, erfolgen. Andernfalls will der Konzern die Stadt verklagen.

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