Süddeutsche Zeitung

Nach der Eröffnung:Gautinger nehmen ihr Kino in Beschlag

Beim Tag der offenen Tür informieren sich Hunderte über die Räumlichkeiten und das Programm. Betreiber Matthias Helwig freut sich über guten Start

Von Blanche Mamer, Gauting

Ein älterer Herr steht im Foyer des neuen Gautinger Kinos und knuspert Popcorn. Ist schon lange her, dass er im Kino Popcorn gefuttert hat, meint er. Die Tüten mit gepufftem Mais hätten ihn regelrecht angelacht, sagt er auch noch. Seine Frau und ihre Freundin besichtigen gerade die Lounge im ersten Stock. Sie planen eine etwas andere Geburtstagsparty mit Filmvorführung, und so wie früher, mit Popcorn und Eiskonfekt. Es ist Tag der offenen Tür im Kino. Es scheint, als ob ganz Gauting auf den Beinen wäre, um sich das neue Kinohaus am Bahnhof anzuschauen.

"Wir sind ganz begeistert, wir haben so lange gewartet und freuen uns schon auf unseren ersten Filmabend", berichtet eine Besucherin dem Hausherrn Matthias Helwig, der von Kinofans umringt ist, und nicht weiß, wo er zuerst hinhören soll. Ob es auch alte Klassiker zu sehen gebe, will eine andere Besucherin wissen. Was es alles gibt, hat er zwar gerade erst bei seiner Begrüßung erläutert, erklärt aber bereitwillig noch mal: Montags ist Kinotag, der Eintritt kostet 5 Euro. Den Dienstag will er als OmU-Tag etablieren. Wenn, wie in dieser Woche, "Meine Zeit mit Cézanne" auf dem Programm steht, wird der Film am Dienstag in französischer Sprache laufen. Am Montag wird Christiane Lüst vom Ökozentrum Dokumentationen zum Thema Umwelt und Ernährung moderieren, wie bisher bereits in Starnberg wird Mittwochs der "Wunschfilm des Monats", mit Einführung des Starnberger Journalisten Thomas Lochte gezeigt. "Da können Sie sich einen Film wünschen und wir bemühen uns, ihn zu bekommen", sagt Helwig. Diese Woche ist es der Nouvelle-Vague-Klassiker "Jules et Jim". Das sei eine der Möglichkiten, sich alte Filme auf großer Leinwand anzuschauen, meint er. 1986, als er mit Kinomachen anfing, seien alte und Filmkunstfilme noch gut gelaufen. Doch mit dem Aufkommen der privaten TV-Sender seien alte Filme rauf und runter gezeigt worden, wenn er heute beispielsweise "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Harald und Maud" ins Programm nehme, dann kämen einer oder auch mal drei Zuschauer. Und die Jugend könne damit ohnehin nichts anfangen. Als es um die Plakate für die Ausstattung ging und die Wahl zwischen Marilyn Monroe und Audrey Hepburn, stellte sich heraus, dass eine 19-jährige Mitarbeiterin nicht wusste, wer Marilyn war, erzählt er.

Das gilt indes nicht für alle jugendlichen Zuschauer. Die beiden Gautinger Gymnasiasten Jan (17) und Leon (16) freuen sich, dass sie nun nicht mehr nach München ins Kino fahren müssen. "Es ist doch ganz anders, wenn man zum Kino radelt, und sich mit Freunden trifft", sagt Leon. Er freue sich schon auf "Doctor Strange" mit Benedict Cumberbatch. Und - er weiß, wer Marilyn Monroe ist.

Kinochef Helwig ist sehr zufrieden, der Start ist geglückt, der enorme Andrang am offenen Samstag zeige das Interesse der Gautinger. Und klar, es gab sie, die kleinen Pannen: So hat der Aufzug mal kurz schlapp gemacht, doch die Techniker waren sofort da. In einem Saal ist die Technik ausgefallen, der Computer hat gestreikt, doch auch das konnte behoben werden. Die Auflagen für einen Kinobau seien enorm, betont er in seiner Einführung. Als er 2004 das Kino in Schloss Seefeld eröffnete, habe es so gut wie keine Auflagen gegeben. Beim Kino in Starnberg waren es schon 20 Seiten. Und nun in Gauting seien es 500.

Doch nun ist alles gut. Es braucht nur die Kinogänger.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2016
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