Nach dem Unwetter:"Alles, aber wirklich alles ist kaputt"

Die Telefone stehen nicht mehr still: Nach der Hagelwalze haben Autohändler, Dachdecker und Gutachter alle Hände voll zu tun.

Patrizia Steipe

Die Telefone bei den Autohäusern, Glasereien, Dachdeckern, Versicherungen und Solarinstallateuren stehen am Montag nicht still. Am ersten Werktag nachdem die verheerende Hagelwalze über den westlichen Landkreis gerollt ist, laufen die Reparatur- und Aufräumarbeiten auf Hochtouren.

Hagel in Starnberg, 21. Juli

Bis zu fünf Zentimeter große Hagelkörner prasseln auf Starnberg nieder.

(Foto: Region.STA)

Unablässig schlagen die Mitarbeiter des Drößlinger Gartenbaubetriebs Pirzer Scherben aus dem Gerüst des Gewächshauses. Mehr als 2000 Scheiben hat der Hagel zerschlagen. Ein Großteil der Pflanzen ist mit Splittern übersät und nicht mehr zu gebrauchen. "Morgen kommt der Gutachter", sagt Juniorchef Uli Pirzer. "Wir sind zwar versichert, aber im Moment einfach überfordert." Immerhin ist schon Hilfe da: Adalbert Fischer, der mit seiner Starnberger Gärtnerei vor zwei Jahren das gleiche Schicksal erlitten hatte, ist spontan nach Drößling gefahren, um seinem Kollegen zu helfen.

Fassungslos steht auch der Herrschinger Autohändler Josef Merkhoffer vor dem Fuhrpark seines Autohauses. Alle Autos, die im Freien standen, hat der Hagel erwischt. "Ich hab sie noch gar nicht gezählt" sagt Merkhoffer. 30 werden es wohl sein, darunter ein nagelneuer BMW für 44.000 Euro. Das Autohaus ist offizieller Hagelstützpunkt. Das bedeutet, dass bei Merkhoffer beschädigte Autos für die Begutachtung der Versicherungsgesellschaften abgestellt werden können. "20 Autos hab ich schon da", sagt Merkhoffer.

Teilweise haben die Eisbrocken Front- und Heckscheiben zerschlagen. Als "Dellen" könne man die bis zu vier Zentimeter tiefen Beulen kaum bezeichnen, sagt er.Dank moderner Technik ist es zwar möglich, die Schäden ohne Neulackierung aus dem Fahrzeug "rauszuziehen". Beim Wiederverkauf müsse der frühere Hagelschaden aber gemeldet werden. "Die Leute sind richtig fertig", sagt Merkhoffer. Auch im Seefelder Autohaus Gotzler herrscht Krisenstimmung: "Unseren ganzen Bestand hat es erwischt. Alles, aber wirklich alles ist kaputt", klagt eine Mitarbeiterin.

In der Regel werden Hagelschäden an Fahrzeugen von der Teilkasko-Versicherung übernommen, erklärt Werner Kühnl, Leiter der Dekra-Niederlassung in Planegg. Eine Reihe von Aufträgen für Kfz-Begutachtungen liegen ihm schon vor. Innerhalb der nächsten Tage werden seine Gutachter die zerbeulten Autos an Sammelstellen inspizieren. Falls ein Auto wegen kaputter Scheiben nicht fahrbereit ist, würde die Versicherung normalerweise einer Reparatur noch vor dem Gutachtertermin zustimmen, weiß Kühnl.

Volle Auftragsbücher beschert der Hagel dem Installateurbetrieb Jonas & Stöckner in Unering. Die ersten Kunden hat Andreas Stöckner bereits am Montag besucht. "Reihenweise hat es die Gläser von Photovoltaikanlagen zerschlagen", berichtet er. "Eigentlich sind die Gläser vor "normalem Hagel geschützt, aber was da vom Himmel gekommen ist, das war brutal." Hagelkörner, die teilweise größer als Golfbälle waren: "Das hält kein Glas aus". Stöckner rät dazu, beschädigte Solaranlagen auszuschalten. Sind die Kupferleitungen der Anlage nämlich defekt, kann die Anlage trocken laufen und kaputtgehen.

Ein gefragter Mann ist auch der Herrschinger Glaser Martin Darchinger. Unablässig rufen Hausbesitzer an. Der Hagel hat Dachfenster, Fensterscheiben und Pergolen zerschlagen und auch die Dachdecker der Umgebung sind im Dauereinsatz, um zerbrochene Dachziegel auszutauschen. Die Wohngebäudeversicherung kommt in der Regel für Hagelschäden am Haus auf, sagt Susanne Seemann Sprecherin der Allianz-Versicherung. Allerdings muss das Risiko Sturm/Hagel mitversichert sein.

Aber nicht für jeden ist der Hagel ein Drama. Dekra-Chef Kühnl: "Einige freuen sich auf das zusätzliche Urlaubsgeld, wenn sie sich die Schäden an ihrem Auto auszahlen lassen."

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