Jugendmusikwettbewerb Fünfseenland:Lauter Gewinner auf der Bühne

Die Teilnehmer überzeugen Publikum und Jury durch gestalterische Raffinesse und technische Versiertheit.

Von Reinhard Palmer

Im Grunde hatten alle Teilnehmer des Jugendmusikwettbewerbs Fünfseenland schon gewonnen, bevor sie überhaupt angetreten waren. Denn sie liefen allesamt nicht Gefahr, zu viel an der Spielkonsole zu zocken oder am Handy zu kleben. Die Arbeit am Instrument dürfte sie gut durch die Corona-Krise gebracht haben. Wer ein Instrument spielt, der weiß, welch ein Balsam für die Seele und welcher Segen für den Geist das Musizieren gerade in schweren Zeiten sein kann. Und so stellte Elizabeth Hopkins schon zu Beginn des Gilchinger Wertungsvorspiels überrascht fest, dass keine Rücksicht aufgrund der Ausnahmesituation genommen werden musste. Tatsächlich bewiesen Kinder und Jugendlichen ein solides Nervenkostüm, Lust am Musizieren und sportlichen Ehrgeiz, sich mit anderen zu messen.

Wobei sich ein direkter Vergleich nur selten bot, waren doch Instrumentalisten im Alter zwischen sechs und 16 Jahren in mehreren Kategorien angetreten. In vier Altersstufen eingeteilt, stellten sich die jungen Musiker dem Wettbewerb in Klavier solo, Klavier vierhändig, Kammermusik mit Klavier und Kammermusik ohne Klavier. Einzig die Abteilung Gesang mit Begleitung. blieb unbesetzt, was wohl vor allem mit der Vernachlässigung des Singens in der Erziehung zu tun hat.

Jugendmusikwettbewerb Fünfseenland 2020

Streichquartett Ida Christner, Emilia Lehmann-Horn, Anni Becker und Nicolas Vetter.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

In den instrumentalen Fächern schaut es anders aus. Die Dichte an Musikschulen und Privatlehrern kann sich im internationalen Vergleich absolut sehen lassen. Auch der in Kooperation mit dem Kunstforum Gilching im Rathaus ausgetragene Wettbewerb mit bekannten Juroren bestätigte die damit einhergehende hohe Qualität. Dass alle 26 Jungmusiker schließlich im Preisträgerkonzert auftraten, war denn auch gerechtfertigt, zumal musikalische Aspekte neben dem rein spieltechnischen Können in den Vordergrund rückten. "In allen Kategorien wird das Hauptgewicht der Wertung auf die musikalische Gestaltung und nicht auf die Schwierigkeit der Werke gelegt", hieß es im Aufruf zum Wettbewerb. Unter der künstlerischen Leitung von Ann Schneidt entschieden sich die Juroren vor allem dafür, die Teilnehmer für die entbehrungsreiche Zeit der Vorbereitung zu belohnen und für die Zukunft zu motivieren.

Tatsächlich ging es den jungen Musikern deutlich hörbar um den gestalterischen Aspekt, obgleich es gerade im Wesen des Teenager-Alters liegt, auch schon mal dem Motto "Was kostet die Welt?" zu folgen und eher virtuos zu protzen, als mit leisen Tönen zu überzeugen. Das Draufgängertum hielt sich aber in Grenzen. Und war dann auch angebracht, zum Beispiel im Scherzo der Bartók-Suite op. 14, die Johannes Huber, 16, mit Hingabe und Sicherheit, aber auch ausdrucksstark am Flügel darbot. Geradezu der Gegenentwurf zur Beethoven-Romanze der Sonatine G-Dur, die Benedikt von Hauff als einziger schön differenziert in feinsinnigen Nuancen wagte. Zunächst als Cellist im Streichquartett, ging Franz Ferdinand Dietz am Flügel mit der Chopin-Etüde op. 25/2 einen gelungenen Mittelweg zwischen geschmeidiger Brillanz und sanfter Empfindung.

Jugendmusikwettbewerb Fünfseenland 2020

Flötistinnen Josephina und Charlotte Schöps.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dass technische Perfektion der musikalischen Gestaltung keinesfalls im Wege steht, ja sie vielmehr von jeglichen Hemmnissen befreit, demonstrierte das Duo Michio Schneider und Riona Abe, beide 13. Im vierhändigen "Le Pas espagnol" aus der Suite "Dolly" von Fauré überzeugten die beiden mit Homogenität, reicher Differenzierung, höchster Sicherheit und virtuoser Brillanz. Später griff Schneider zur Violine: Mozarts Kopfsatz der Sonate KV 301 spielte er mit Abe am Flügel geradezu plastisch, in zwei Rumänischen Tänzen von Bartók entfachte er sogar musikantische Verve.

Einen magischen Moment erlebte das Publikum in Carolin Wiesers Interpretation von Debussys Arabesque Nr. 1. Die 15-Jährige stellte sich auch als Arrangeurin vor, als sie mit ihrer Schwester Helena, 12, vierhändig ein ABBA-Medley gab - rhythmisch souverän, in den Balladen einfühlsam und beredt. Letztlich zeigte sich dann doch, dass die Königsdisziplin des Streichquartetts ihren Stellenwert verdient. Zur Kunst des Zusammenspiel gehört nicht nur absolut saubere Intonation, sondern vor allem auch das aufmerksame Aufeinanderhören. Cornelia Herbst und Sarah Siemers an den Violinen, Moritz Dunbar an der Viola sowie Henning Betke am Violoncello (alle 16) haben darin bereits höhere Weihen erreicht. Sie waren in der Lage, das blühende Kolorit im Vivace des "Amerikanischen Quartetts" op. 96 von Dvořák auszuformen und die feinsinnig changierenden Stimmungen auszudifferenzieren.

Jugendmusikwettbewerb Fünfseenland 2020

Riona Abe und Michio Schneider am Flügel.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Publikum genoss sichtlich das Abschlusskonzert nach so langer Durststrecke. Schade nur, dass außer den Werken von Graham Waterhouse, der auch in der Jury saß und seine Kompositionen am Flügel begleitete, sonst keine Musik noch lebender Komponisten zu hören war.

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