Verabschiedung:"Ich bin ein glücklicher Mensch"

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Zur Verabschiedung hat sich Musikschulleiter Roland Siegel das Duo Barbara Gollwitzer und Mikhaie Khvostikov gewünscht. (Foto: Nila Thiel)

Bereits als Abiturient wusste Roland Siegel, dass er Musikschulleiter werden wollte. Nun geht der 65-Jährige in den Ruhestand.

Von Patrizia Steipe, Gilching

Nach 34 Jahren verabschiedete die Gemeinde Gilching als offizieller Arbeitgeber Roland Siegel. Der 65-Jährige geht in den Ruhestand, allerdings lässt er die Musikschule langsam "ausschleichen". Bis zum Sommer unterrichtet er noch Schüler am Klavier. Für ihn sei es immer das Schönste gewesen, mitzuerleben, wie im Laufe der Jahre aus einem kleinen Musikschüler ein junger Mensch geworden ist, der sein Potenzial auf einem Musikinstrument ausschöpfen konnte, so Siegel. "Ich bin ein glücklicher Mensch", zog er Resümee. Glücklich, weil er Beruf und Hobby in seinem Leben vereinen konnte, aber auch weil er nicht nur in Gilching arbeitete, sondern auch wohnt. Dank der vielen Kontakte am Ort, laufe er deswegen nicht Gefahr in eine Rentnerdepression zu fallen.

Für Siegel stand sein Berufswunsch bereits als Abiturient fest. "Ich wollte schon immer Musikschulleiter werden". An der Musikhochschule in Stuttgart studierte er Schulmusik und Musikwissenschaften. Seine Unterrichtsfächer sind Klavier und Violine. Nach Zwischenstationen im Raum Stuttgart, kam er 1987 nach Gilching und war der erste hauptamtliche Musikschulleiter der Einrichtung, die allerdings auf verschiedene Räume im ganzen Gemeindegebiet verteilt war.

32 Jahre lang tingelten die Musiklehrkräfte und Schüler durch den Ort. Ein eigenes Musikschulhaus fehlte. Um diesen Traum zu erfüllen, lag Siegel den Verantwortlichen jahrelang in den Ohren. Dabei war er zwar ruhig und zurückhaltend, aber sehr beharrlich. In der Zwischenzeit stopfte er sein rotes Privatauto bis obenhin voll mit Instrumenten, Stühlen und anderen Gegenständen, die von einem zum anderen Unterrichtsort gefahren werden mussten. Angekommen packte Siegel selbst mit an und schleppte die Gegenstände in die Zimmer. Vor zwei Jahren endlich konnte die Musikschule Gilching das eigene Haus in der Rosenstraße beziehen.

Viel Gelegenheit es auszunützen, hatte er nicht mehr. Die Corona-Pandemie hatte den Musikschulunterricht auf Eis gelegt. Deswegen fand auch Siegels Abschied im kleinen Kreise der Kollegen statt. Trotzdem wurden musikalische Highlights präsentiert. Barbara Gollwitzer und Mikhail Khvostikor spielten "Wolsey's Wilde" von William Byrd und "Le Cygne" von Camille Saint-Saens. "Harfe und Querflöte sind meine Lieblingskombinationen", freute sich Siegel. Streichmusiklehrerin Julieta Crasciunescu ist ebenfalls seit 34 Jahren an der Gilchinger Musikschule. Ihrem Chef attestierte sie ein offenes Ohr für Musikprojekte aller Art. "Er hat uns arbeiten lassen, so wie wir es gelernt haben", betonte sie und schwärmte von den gemeinsamen Musikfreizeiten, bei denen Lehrkräfte und Schüler für gemeinsame Konzerte geübt hatten. "Dadurch haben wir eine familiäre Atmosphäre geschaffen".

Seiner Ehefrau Mirjam dankt Roland Siegel mit Blumen. Jahrelang habe sie mit dem Mittagessen auf ihn warten müssen. (Foto: Nila Thiel)

Ehefrau Mirjam Siegel, Kirchenmusikerin und Mutter der fünf gemeinsamen Kinder, bekam von ihrem Mann einen Blumenstrauß. Jahrelang hatte sie mit dem Mittagessen auf ihn warten müssen, bis er endlich verspätet kam, weil er wieder einmal aufgehalten worden war. Spät in der Nacht klopfte auch schon mal ein besorgter Nachbar an die immer noch erleuchtete Fensterscheibe der Musikschule, oft hatte Siegel nämlich eine Nachtschicht eingelegt, um an seinen Nachfolger Bernhard Huber, der bisher Stellvertretender Musikschulleiter in Grünwald war, ein geordnetes Haus übergeben zu können. Im Rampenlicht steht Siegel nicht so gerne. Deswegen holte er sich die Grande Dame des Balletts, Hannelore Husemann-Sieber, mit nach vorne. Auch für sie ist in diesem Jahr die Zeit des Abschieds von der Ballettschule gekommen.

Vor Langeweile braucht sich Roland Siegel nicht zu fürchten. Es warten kistenweise Super-8-Filme von Reisen und der Familie darauf, digitalisiert und geschnitten zu werden. Auch die große elektrische Eisenbahn soll mal wieder aufgebaut werden. Es locken Reisen und dann sind da die erwachsenen Kinder, die teilweise Berufsmusiker sind und die beiden Enkel, für die er nun mehr Zeit hat. Von den Kollegen gab es zum Abschied für das Festival auf Gut Immling Opernkarten für "Madame Butterfly" und eine Reise nach Helgoland, ein Herzenswunsch Siegels.

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