Krankenhaus in Herrsching:"Was es für die Seele bedeutet, hier zu arbeiten, versteht draußen keiner"

Krankenhaus in Herrsching: Das Bett eines Covid-19-Patienten auf der Intensivstation der Herrschinger Schindlbeck-Klinik.

Das Bett eines Covid-19-Patienten auf der Intensivstation der Herrschinger Schindlbeck-Klinik.

(Foto: Arlet Ulfers)

63 Jahre alt, nicht geimpft, am Beatmungsgerät: Die Covid-19-Patienten belegen Betten, die für Notfälle dringend gebraucht werden. Ein Besuch in der Herrschinger Klinik, in der Mediziner und Pflegepersonal ums Überleben kämpfen.

Von Jessica Schober, Herrsching

Der Brustkorb des Patienten in Box eins hebt und senkt sich. Luft strömt in die Lungen. Das Beatmungsgerät piepst, dann brummt es wieder. Die Maschine lässt ihn leben. Ein rosafarbener eingeschweißter Zettel klebt an der Tür. Darauf steht der Grund, warum der Mann nicht mehr selbst atmen kann: Covid 19, in Versalien geschrieben. Ein schwerer Verlauf. Der Mann in Box eins ist gerade einmal 63 Jahre alt, er wollte sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Nun ist er einer von vielen Infizierten, die ein Bett auf der Intensivstation benötigen.

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Klinik an der Belastungsgrenze

Laut dem Pandemiebeauftragten Thomas Weiler sind im Landkreis Starnberg aktuell keine Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit und Personal mehr frei. Das Divi-Register rechnet anders, demnach sind nur 39 von 45 Betten belegt. 37 Patienten werden Weiler zufolge betreut, zehn davon seien an Covid erkrankt. Um einen der Patienten kümmert sich die Schindlbeck-Klinik Herrsching. Robert Schindlbeck ist Geschäftsführer der gleichnamigen Klinik am Ammersee. Sein Vater hatte das Haus aufgebaut, heuer würde das Krankenhaus 75-jähriges Bestehen feiern - wenn irgendjemandem hier nach Feiern zumute wäre. Die Klinik am Seeufer ist ein Haus der kurzen Wege. Über dem Eingang steht noch "Privatklink", auch wenn das Krankenhaus längst dem Landkreis Starnberg gehört. Seit der Anfang 2020 die Klinik gekauft hat, wird um die Zusammenlegung der beiden landkreiseigenen Kliniken im Westen - Seefeld und Herrsching - in einem Neubau gerungen. Die Zukunft der Schindlbeck-Klinik ist ungewiss. Wie es mit den rund 280 Herrschinger Mitarbeitern weitergeht, wenn die Immobilie eines Tages nicht mehr als Klinik genutzt werden sollte, ist noch offen. Eine zusätzliche Belastung für das Personal in diesen zermürbenden Tagen. Im Dezember 2020 hatte das Corona-Virus der Schindlbeck-Klinik besonders zugesetzt. Bei einem unkontrollierten Ausbruch waren zehn Patienten mit oder an dem Virus gestorben, rund 50 Mitarbeiter waren infiziert. Immer wieder wurden Patienten positiv getestet, die ursächlich wegen einer anderen Erkrankungen in die Klinik gekommen waren. Anfang Dezember sollen zwei getestete Patienten den Erreger unbemerkt in das Haus eingeschleppt haben. Mitte Dezember musste das Haus vom Landratsamt vorübergehend geschlossen werden. Kurz vor Weihnachten waren nur noch sechs Patienten in der Klinik ohne Corona-Infektion. Unter den Infizierten war auch eine Mitarbeiterin, die stationär behandelt werden musste. jesc

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