Impfstoff in Starnberg:Bis zu 200 Astra-Zeneca-Dosen müssen in den Müll

Kampf gegen Covid 19 in Gauting ; Impfzentrum Gauting

Im April war die Freude groß, als Landrat Stefan Frey den niedergelassenen Ärzten eine Sonderlieferung von 10000 Astra-Zeneca-Dosen ankündigte. Wie sich nun herausstellt, konnten nicht alle verimpft werden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Viele Patienten meiden den Hersteller, nun läuft die Haltbarkeit einer Sonderlieferung des Impfstoffs ab. Insgesamt werde im Landkreis aber nur ein kleiner Teil der Astra-Zeneca-Dosen entsorgt, heißt es.

Von Carolin Fries, Starnberg

Der Impfstoff von Astra Zeneca ist zum Ladenhüter geworden, zumindest bei den niedergelassenen Ärzten. Erstmals musste deshalb Impfstoff entsorgt werden, wie Starnbergs Pandemie-Koordinator Bernhard Junge-Hülsing sagt. "Die ersten Chargen liefen Ende Juni aus", so der HNO-Arzt. Auch wenn es sich nur um einen kleinen Teil der Sonderlieferung vom April handele, sei das zu bedauern, weil "das kein schlechter Impfstoff ist", wie er betont. Damals hatte der Landkreis den Praxen 10 000 Dosen des Vakzins zur Verfügung gestellt. Junge-Hülsing schätzt, dass davon nun weniger als zwei Prozent in die Mülltonne wandern - also bis zu 200 Dosen.

Hausarzt Richard Aulehner aus Krailling kann das bestätigen, ihm wurden zuletzt von einem Kollegen aus dem Landkreis Astra-Zeneca-Dosen aus der Sonderlieferung angeboten, "die der nicht weitergebracht hat". Er selbst habe im April 200 Dosen des Vakzins bestellt, welches wegen einer erhöhten Gefahr von Hirnvenenthrombosen in der Kritik stand. "Der Impfstoff war schwer an den Mann zu bringen", berichtet er. "Da musste man viel reden." Doch es sei zu schaffen gewesen. Die Weßlinger Hausärztin Felizitas Leitner sagt: "Viele haben sich mit Astra Zeneca impfen lassen, weil sie nicht länger auf ein Angebot mit Biontech warten wollten." Sie habe recht zügig 400 Dosen aus der Sonderlieferung verimpfen können - kann sich aber vorstellen, dass mit der zunehmenden Verfügbarkeit des begehrten Biontech-Impfstoffes in anderen Praxen Astra Zeneca liegen geblieben ist.

Im Gautinger Impfzentrum und seinen vier Außenstellen unter der Trägerschaft des Bayerischen Roten Kreuzes "musste bislang kein Impfstoff verworfen werden", wie Landratsamtssprecher Stefan Diebl sagt. Dort finden allerdings schon seit Mitte April nur noch Zweitimpfungen mit Astra Zeneca statt. "Auch die Astra-Zeneca-Dosen, die Ende Juni abgelaufen wären, konnten bis zum Haltbarkeitsdatum vollständig verimpft beziehungsweise verplant werden", sagt Diebl. Damit kommt der Landkreis der Aufforderung des bayerischen Gesundheitsministeriums nach, wonach "ein Verwurf unbedingt zu vermeiden ist", wie eine Sprecherin mitteilt. Um eine Überschreitung der Haltbarkeit zu verhindern, seien die Impfzentren angehalten, eine sogenannte Hop-on-Liste zu führen mit kurzfristig zur Verfügung stehenden impfbereiten Personen.

Solche Listen gibt es auch in den Arztpraxen, doch fast ausschließlich für Biontech-Dosen - und selbst die gilt es inzwischen anzupreisen. "Auf unserer Warteliste stehen noch 1400 Namen, doch wenn wir anrufen, sind vier von fünf schon geimpft", berichtet Junge-Hülsing. Seine Praxis bietet deshalb schon mal spontan Menschen auf der Straße Impftermine an, in Gauting werden Impfungen mit Biontech im Internet auf Facebook verteilt. Inzwischen sind knapp 60 Prozent der Landkreisbürger erstgeimpft, etwa 40 Prozent haben den kompletten Schutz - ist damit womöglich die Grenze der Impfbereitschaft erreicht?

"Das glaube ich nicht", sagt Junge-Hülsing, "es gibt viele, die noch geimpft werden wollen". Dennoch plädiert er dafür, die Corona-Schutzmaßnahmen für Geimpfte weitgehend aufzuheben, um die Impfbereitschaft zu erhöhen und möglichst eine Impfquote von mehr als 80 Prozent zu erreichen. "Wenn 30 oder 40 Prozent der Bevölkerung ungeimpft sind, wird sich die Delta-Variante auch im Landkreis ausbreiten." Bislang sind im Landkreis sechs Infektionen mit der ansteckenden Corona-Mutante nachgewiesen - doppelt so viele wie in der vergangenen Woche.

Landratsamtssprecher Diebl sagt, zur Impfbereitschaft in den Impfzentren könne man keine Aussage treffen, nur so viel: "Spezielle Werbemaßnahmen waren bislang noch nicht erforderlich." Nach wie vor würde dort nach Priorisierung geimpft, die Gruppen zwei und drei seien aber im Wesentlichen durch, weshalb Personen mit Priorität vier eingeladen würden.

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