Mühltal:Türmchen sucht Bewohner

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Renovierungsbedürftig: das Haus zum Kapeller im Mühltal. (Foto: Nila Thiel)

Der Würmtal-Zweckverband verkauft ein altes Haus, das einst dem Königshaus der Wittelsbacher gehörte. Es ist nicht die einzige interessante Immobilie, die der Wasserversorger derzeit in seinem Portfolio hat.

Von Michael Berzl und Gerhard Summer, Starnberg

Die grüne Farbe blättert von den Fensterläden, an einigen Stellen fällt der Putz von der Fassade: Der Verfall ist nicht zu übersehen. In dem alten Häuschen direkt am Radweg durchs Mühltal nach Starnberg wohnt schon lange niemand mehr. Einst Eigentum des Königshauses der Wittelsbacher, denen ganz in der Nähe in Leutstetten noch das stattliche Schloss gehört, hat der Würmtal-Zweckverband in den Neunzigerjahren die Immobilie in ungewöhnlicher Lage übernommen. Jetzt soll das Haus Zum Kapeller verkauft werden. Noch im Februar soll eine Entscheidung fallen.

Es ist eines von vier Objekten im Verkaufsportfolio des Verbands, der die Würmtal-Gemeinden von Gauting bis Martinsried mit Trinkwasser versorgt. Die Immobilien befinden sich in direkter Nähe zu Quellen und Brunnen. Das war der Hauptgrund, warum der Versorgungsbetrieb zum Eigentümer der Grundstücke wurde. Außer dem leerstehenden Wohnhaus handelt es sich um ein Kraftwerksgebäude direkt an der Würm, um ein altes Mühlen- und Bäckereigebäude sowie oben am Hang um den ebenfalls seit Jahren verwaisten Gasthof mit Biergarten beim stillgelegten Bahnhof Mühltal. Ein Bieterverfahren ist im vergangenen Jahr gelaufen, bald soll feststehen, wer den Zuschlag erhält.

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Wer das Haus Zum Kapeller erwirbt, wird offenkundig einiges investieren müssen, ehe er damit etwas anfangen kann. So jedenfalls der Eindruck von außen. Ein angebauter Schuppen neigt sich schon zum Hang hin, die Holzwände sind völlig marode. Auch die Lage des Häuschens kann Probleme bereiten: Schattig und feucht ist es dort direkt am Hang unter mächtigen Buchen. Aus einem Rohr unter dem Gebäude plätschert Quellwasser. Dass das Wasser zum Problem werden kann, zeigte sich vor gut 20 Jahren, als ein Stück des Steilhangs herunter rutschte und eine Garage und ein darin abgestelltes Auto beschädigte.

Ursprünglich war das Haus, das nun unter Denkmalschutz steht, als Eremitensitz und Jagdhaus errichtet worden. Etwa 1736 entstand zunächst ein Rundbau, 1850 kam ein Anbau hinzu. Mittlerweile wurde zwischen Turm und Hang auch noch eine Garage angestückelt. Zu dem Ensemble gehört ein Grundstück mit einer Fläche von 450 Quadratmetern. Vor acht Jahren hatte der Würmtal-Zweckverband bei der Stadt Starnberg wegen einer möglichen Renovierung angefragt, aber diese Pläne dann nicht mehr weiter verfolgt. Nun steht der Verkauf bevor.

"Feta Records" will das Haus als Anlaufstelle für sein geplantes Kreativzentrum nutzen

Der gemeinnützige Starnberger Kulturverein "Feta Records", der zusammen mit dem Münchner Unternehmer Christian Biermann den alten, verwunschenen Gasthof im Obermühltal an Land ziehen will, hat auch für das Haus Zum Kapeller ein Angebot abgegeben. Das leerstehende Wohngebäude soll als zentrale Anlaufstelle dienen, wie Vorstandsmitglied Simon Erdmann sagt. Ein Vereinsangehöriger oder ein Mitarbeiter des Investors könnte in dem denkmalgeschützten Anwesen Quartier beziehen. Damit hätten Besucher, die in dem nahegelegenen, geplanten Kreativzentrum beispielsweise einen Yoga- oder Kochkurs belegen, an Kräuterwanderungen teilnehmen oder zum Open-Air-Kino, zu Konzerten oder Theaterabenden kommen wollen, einen Ansprechpartner an Ort und Stelle. Ob die Starnberger den Zuschlag für Wirtshaus und Kapeller bekommen, ist freilich noch offen. Der Würmtal-Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung hatte die Entscheidung ursprünglich schon im Oktober 2021 treffen wollen. Erdmann zufolge sind für das Wirtshaus inzwischen nur noch zwei Bewerber im Rennen: Feta Records und ein weiterer Interessent.

Auch für den Gasthof Obermühltal haben Christian Biermann (rechts) und der Kulturverein "Feta Records" schon Ideen. (Foto: Georgine Treybal)

Der Verein und Biermann, der seit 20 Jahren das Hotel "Prinzregent" an der Messe in München-Riem samt Wirtshaus und eigenem Bier sowie das Freizeitgelände "Beach 38" in Fröttmaning betreibt, haben ihr Konzept noch einmal verfeinert. Die Grundidee: Aus dem bisherigen Geisterhaus soll der lebendigste Kulturtreff des Landkreises Starnberg werden, der auch Menschen zusammenbringt, die sonst selten aufeinandertreffen, etwa Künstler und Manager. Die jungen Vereinsmitglieder planen, in der Gaststätte Ateliers und Werkstätten einzurichten, dazu einen Bandraum und ein Studio für lokale Musiker, die sich keine teuren Aufnahmesessions leisten können. Die alte Gaststätte soll als Rückzugsort dienen, sei es für Leute, die sich in kreative Klausur begeben, sei es für Firmen, die im Obermühltal mitten in der Natur arbeiten möchten. Zum Konzept gehören außerdem: der Einbau einer großen Küche, Kochkurse und die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern. Und der Verein will eine Streuobstwiese anlegen, für Natur- und Gewässerschutz sensibilisieren und im Außenbereich neben einer Freiluft-Galerie ein mit Pflanzen gestaltetes "Sommerzimmer" für Workshops schaffen.

Das Wirtshaus war vormals auch für seine sonntäglichen Jazzkonzerte im Biergarten bekannt. Doch die Ausflügler blieben aus, nachdem der Bahnhof wegen zu geringer Auslastung 2004 stillgelegt worden war. 2009 gaben die letzten Pächter auf.

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