Insektenplage am Starnberger See:Mückenbekämpfung bleibt Privatsache

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Eine Mücke saugt Blut aus dem Arm eines Mannes. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Noch immer ärgern Mücken die Bewohner des Ostufers am Starnberger See. Die Gemeinde Berg hat sich bei den zuständigen Behörden deshalb nach Bekämpfungsmöglichkeiten erkundigt. Das Ergebnis: Breitband-Insektizide sind nicht die Lösung.

Von Sabine Bader, Berg

Das Tier ist denkbar klein, aber die Aufregung darüber ist denkbar groß: Richtig, die Rede ist von der Mücke. Schwärmeweise hat sie in diesem Jahr auch das Ostufer des Starnberger Sees heimgesucht und den dort lebenden Menschen den Sommer zeitweilig ziemlich verdorben. Mit einer Online-Petition und mehr als 1000 Unterschriften forderten die dortigen Anwohner deshalb von der Politik: „Bekämpft die Mückenplage in Berg!“

Doch zu diesem Zeitpunkt war nichts mehr zu machen: Die Politiker waren machtlos, die Mückenlarven längst geschlüpft, die Plagegeister ausgeschwärmt und der Leidensdruck groß. Ohne Zweifel ist das ein Thema für die Berger Klimabeauftragte Sebastiana Henkelmann. Sie hat alle erdenklichen Informationen von nah und fern zusammengetragen. Das Ergebnis ihrer Arbeit präsentierte sie am Dienstagabend den Mitgliedern des Ausschusses für nachhaltige Entwicklung.

Eines steht fest: Selbst jetzt, im Frühherbst, gibt es am Starnberger See noch Stechmücken in Berg und Umgebung. Und die ergiebigen Regenfälle in diesem Jahr haben das ihre dazu getan. „Das Thema wird uns immer öfter und immer intensiver beschäftigen“, prognostizierte Henkelmann, wobei sie anmerkte, dass sich die Berger Gemeinderäte bereits in den Jahren 2010, 2011, 2016, 2017 und 2020 in Sachen Insektenbekämpfung die Köpfe heiß geredet hätten. Ganz neu ist die Problematik also nicht.

Aber diesmal wollte Henkelmann die Mückenfrage in all ihren Facetten beleuchten. Sie erkundigte sich nach Kartierungsangeboten. Wobei die Kapazitäten der relevanten Firmen derzeit sehr begrenzt sind, da die Kommunen landauf, landab mit Starkregenereignissen zu kämpfen hatten und diese daher ihre Umgriffe kartieren lassen. Aus Erfahrung weiß man aber, dass sich die relevanten Überschwemmungsflächen in Berg vornehmlich rund um Höhenrain und in den Moorgebieten bei Allmannshausen und Sibichhausen befinden. Auch müssten die genauen Mückenarten erkundet und die Brutstätten der Tiere exakt lokalisiert werden. Das alles kostet natürlich Geld. Nach ersten Schätzungen wäre für all das von einem mittleren fünfstelligen Betrag auszugehen.

Aufgestautes Wasser bei Allmannshausen bietet eine ideale Brutstätte für Mücken. (Foto: Nila Thiel)

Da die Mücken am Ostufer zwar lästig sind, aber laut dem Starnberger Landratsamt von ihnen keine „ernstliche Gefährdung“ ausgeht, ist es laut Behörde nicht nötig, den Insekten mit Bekämpfungsmitteln wie dem Insektizid BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) zubleibe zu rücken. Zumal es sich beim Allmannshauser Filz um ein geschütztes Hochmoor handelt, beim Lüßbach um ein Gewässer Dritter Ordnung und bei den umliegenden Feldern und Wiesen um Flächen im Landschaftsschutzgebiet.

Hinzu kommen noch die Bedenken der Naturschützer, die sich explizit gegen die Verwendung von BTI richten, da es sich hier um ein Breitband-Insektizid handelt, das gegen viele Arten von fliegenden und kriechenden Insekten wirkt und so die Nahrungsgrundlage von Spinnen, Amphibien, Fischen, Libellen, Vögeln und Fledermäusen beeinträchtigt. Im Behördendeutsch heißt das: Es werde keine ernsthafte Gefährdung der Bevölkerung durch die Mückenproblematik angenommen, „sodass auch eine Prüfung der naturschutzrechtlichen Voraussetzung und Gestattungsmöglichkeiten für eine Mückenbekämpfung nicht erforderlich war und ist“. Insektizide wie BTI dürfen von den örtlichen Behörden demnach nicht ausgebracht werden.

Privatleute hingegen dürfen auf ihren eigenen Flächen, sofern sie nicht in Schutzgebiete liegen und keine Verbindung zu Gewässern Dritter Ordnung haben, sprich im heimischen Gartenteich, laut Gemeinde frei verkäufliche BTI-Tabletten ausbringen.

Der Staudamm bei Allmannshausen verhindert, dass Ortschaften am Lüßbach bei starkem Regen unter Wasser stehen. (Foto: Nila Thiel)

Henkelmann hatte sich im Zuge ihrer Recherchen auch in Eching am Ammersee, am Chiemsee und in der Gemeinde Münsing nach deren Erfahrungen in Sachen Stechmückenplage umgehört. In Eching, wo von einem Teil der Bürger gefordert wird, BTI einzusetzen, begnügt man sich aufgrund der genannten Hürden derzeit mit CO₂-Mückenfallen – auch in den Kindertagesstätten. Am Chiemsee, wo bislang eine Gesundheitsgefährdung vorlag, konnte man in diesem Jahr kein BTI ausbringen, da das Eisgranulat als Trägerstoff nicht verfügbar war. Und in der Berger Nachbargemeinde Münsing hat man bislang auf Bekämpfungsmaßnahmen jeglicher Art verzichtet.

Eine Haltung, die gerade Peter Sewald (EUW) nicht einleuchten will. Er hat die Hochwasserstaudämme zwischen Münsing und Höhenrain als Übeltäter für die Mückenplage ausgemacht und forderte ungeachtet der ablehnenden Haltung des Landratsamts eine Bekämpfung mit Insektiziden. Damit stand er allerdings alleine da.

Bergs Bürgermeister Rupert Steigenberger (BG) hält es für sinnvoller, in Berg auf „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu setzen – auf Mückenschutz an den Fenstern, Mückensprays, das Entleeren von Wassertonnen sowie CO₂-Fallen. Ob Letztere – die Gemeinde hat zwei dieser Fallen erworben – im kommenden Jahr in den Berger Kitas zum Einsatz kommen, wird noch geklärt.

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