Süddeutsche Zeitung

Mitten in Wörthsee:Vier gewinnt

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Warum die SPD keinerlei Probleme hat, die Stimmzettel bei der Vorstandswahl auszuzählen

Von Christine Setzwein

Kein anderer hat es treffender formuliert als Otto Julius Bierbaum: "Humor ist, wenn man trotzdem lacht". Dieses Motto hat der deutsche Schriftsteller seinem 1909 erschienenen Reisetagebuch "Yankeedoodle-Fahrt und andere Reisegeschichten" vorangestellt. Das Wörterbuch definiert Humor "als Fähigkeit und Bereitschaft, auf bestimmte Dinge heiter und gelassen zu reagieren".

Die bestimmten Dinge, die Dirk Berg-Schlosser beschäftigen, sind alles andere als heiter. Der 77-Jährige ist Chef des SPD-Ortsvereins Wörthsee. An sich eine ehrenvolle Aufgabe, aber mit nicht einmal mehr zehn Mitgliedern, von denen die meisten das Rentenalter längst erreicht haben, gar nicht so einfach. Zur ersten Präsenzveranstaltung seit Beginn der Corona-Krise kamen gerade einmal vier, die noch in der SPD sind. Sie durften einen neuen Ortsvorstand wählen. "Es kann nur aufwärts gehen", meinte Berg-Schlosser lakonisch. Wenigsten hatte Benedikt Gritschneder, der als Parteifreier für die SPD im Gemeinderat sitzt, keine Probleme beim Auszählen der Stimmzettel. Es dürfte niemanden verwundern, dass der emeritierte Politikwissenschaftler Berg-Schlosser wiedergewählt wurde. Als Stellvertreterin konnte er Bürgermeisterin Christel Muggenthal gewinnen, nachdem der bisherige Vize aus Verärgerung darüber, dass seine Genossen den Neubau eines neuen Supermarkt unterstützen, aus der Partei ausgetreten war. Muggenthal wiederum ist noch in der SPD, obwohl sie bei der Kommunalwahl als Parteilose ohne eigene Liste angetreten war.

Frischen Wind erhoffen sich die altgedienten SPD-ler von der 31-jährigen Bundestagskandidatin Carmen Wegge, die nach Wörthsee gekommen war. Sollte die SPD über 20 Prozent kommen, könnte es für den Einzug ins Parlament reichen, meinte sie. Da sei er doch schon "begrenzt optimistisch", meinte der Ortschef. Und auch den Kassenstand nahm er mit Humor. Auf dem Ortsvereins-Konto befinden sich genau 177,30 Euro. "Da schwimmen wir doch im Geld", witzelte er, "und können einen guten Wahlkampf machen."

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Quelle:
SZ vom 23.07.2021
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