Süddeutsche Zeitung

Mitten in Wangen:Uhrzeit und Wahrheit

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Starnberg will ein neues Gewerbegebiet an der A95 bauen. Die Meinungen gehen auseinander, wie weit die Planungen schon gediehen sind

Glosse von Peter Haacke

Starnberg braucht Geld, so viel ist klar, und will deshalb in Schorn ein Hightech-Gewerbegebiet hochziehen. Doch noch ist nichts entschieden. Umso irritierender ist es daher, wenn die Bürgerinitiative Schorn argumentiert, es sei schon "5 nach 12 für Wangen" - eine Aussage, die Bürgermeister Patrick Janik offensichtlich ärgerte. Immerhin: Er war klug genug, die politische Debatte über Schorn am Mittwoch zu verschieben. Gleichwohl monierte er eine Reihe sachlicher Fehler im Infoblatt der BI und schlug für den Flyer den Namen "Wangener Wahrheit" vor - eine Reminiszenz an die unselige Kampfschrift der Starnberger Tunnelgegner. Am Ende aber waren sich vorerst alle einig: Der Stadtrat nahm den Zwischenbericht der Planer zum Gewerbegebiet zur Kenntnis - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Der Bebauungsplan Nr. 7508 soll zugunsten eines Hightech-Standortes geändert werden, knapp 47 Hektar Fläche zwischen Autobahnpolizei Oberdill und bestehendem Gewerbegebiet sollen aus dem Landschaftsschutz genommen werden. Die Entscheidung darüber obliegt dem Kreistag. Politisch brisant, denn Natur- und Landschaftsschutz, Flächenversiegelung oder Verkehrsbelastung sind ernstzunehmende Faktoren in Zeiten des Klimawandels. Probleme gibt es mehr als genug: die bislang absolut unzureichende Anbindung des neuen Gewerbegebiets an die Autobahn, die eine immense Verkehrsbelastung für Percha, Wangen und Neufahrn bedeuten würde. Die optimistische Annahme, die Hälfte der Arbeitnehmer werde per Bus oder Radl anreisen. Die prognostizierten Auswirkungen auf Pflanzen- und Tierwelt, bei denen sich die Gelehrten uneins sind. Die Frage, ob das Gewerbegebiet in dieser Größe tatsächlich benötigt wird. Oder die auf 3000 beschränkte Anzahl der Arbeitsplätze: Das Gebiet bietet laut Landratsamt 16 800 Arbeitnehmern Platz. Bis die Bagger anrollen, dürfte noch viel Zeit verstreichen. Zumal das Verfahren noch einmal in die öffentliche Auslegung geht und Einwendungen abgewägt werden müssen.

Aber so ist nun mal der demokratische Lauf der Dinge. Laut Janik ist es in Wangen daher nicht schon fünf nach zwölf, sondern bestenfalls erst viertel vor zehn.

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Quelle:
SZ vom 29.01.2021
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