Mitten in Tutzing:Mär von der einsamen Banane

Pflanzen haben keine Lobby, wie sich derzeit am Beispiel einer Gemeinde am Starnberger See beweisen lässt

Von Armin Greune

Es war einmal ein legendärer Landesfürst, der nicht allein wegen des nach ihm benannten Flughafens dem gemeinen Volk in lebhafter Erinnerung geblieben ist: Noch immer pilgern Bewunderer zur Gruft, wo er bestattet ist unter dem Sarg seiner Frau Marianne - geborene Zwicknagel-, der mit dem aus gynäkologischer Sicht recht fragwürdigen Titel "Bayerische Landesmutter" beschildert wurde. Zur Bundesmutter hatte es bekanntlich nicht gereicht, und auch die Bewerbung ihres Gatten ums Kanzleramt scheiterte 1980 am restdeutschen Wählervotum. Aber Franz Josef Strauß hatte ohnehin andere Ambitionen: Lieber wolle er Ananas in Alaska züchten, als in Bonn zu regieren, hatte er einmal gesagt.

Geradezu typisch daran ist, dass nun sowohl die Ananas selbst als auch ernstzunehmende Obsthändler dazu erst gar nicht befragt wurden. Während jedes Tierchen vom Juchtenkäfer bis zum Rottweiler seine Lobby hat, gibt es niemanden, der hierzulande für die Rechte von Südfrüchten eintritt. Tierschutzvereinen werden mutmaßlich täglich Beiträge in Millionenhöhe vererbt. Pflanzenschutzvereine dagegen, so es sie denn überhaupt gibt, sind wahrscheinlich noch ärmer als Kirchenmäuse. Hat man etwa jemals von Demonstranten gehört, die vor Marmeladenfabriken gegen die industrielle Tötung von Obst zum Boykott aufrufen? Oder von Guerilla-Aktionen, bei denen nicht artgerecht gehaltene Topfpflanzen aus Gärtnereien befreit werden? Nein, Stauden werden in jeder Hinsicht sträflich vernachlässigt.

Ein ganz trauriger Beweis dieser These lässt sich derzeit in Tutzing auf der Kreuzung vor dem Kustermannplatz betrachten. Inmitten der für Verkehrsbegleitgrün üblichen Grabbepflanzung steht dort verloren und vernachlässigt: Ja, Sie werden es kaum glauben, eine Bananenstaude! Doch vergeblich wartet das Tropengewächs dort auf seine Bestäuber. Fledermäuse und Kolibris bleiben aus, niemals wird es Früchte tragen. Längst hängen die palmwedelähnlichen Blätter in den Abgaswolken auf Halbmast, und nicht einmal eine Ananas in Alaska könnte einsamer und trostloser wirken. Bleibt nur eine letzte Frage: Was hätte Franz-Josef wohl dazu gesagt?

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