Süddeutsche Zeitung

Mitten in Starnberg:Vergesslichkeit kennt kein Alter

Lesezeit: 1 min

Auch Journalisten werden alt und verwechseln schon einmal Dinge. Aber warum auch schon junge Talente?

Von Helene Köck

Ja, zugegeben: Auch an dieser Redaktion nagt der Zahn der Zeit immer rascher. Ein verdienter Kollege sieht den Ruhestand schon dicht vor den Augen, andere müssen noch ein paar Jahre strampeln, bevor sie sich aufs heimische Sofa zurückziehen dürfen. Da bleibt es nicht aus, dass am Konferenztisch schon mal gerontologische Fachfragen erörtert werden: Etwa, wo die allgemein verbreitete Vergesslichkeit oder Gedankenverlorenheit endet und wann bereits die Altersdemenz einsetzt. Kollege X., längst nicht der Älteste im Team, hat als aktuelles Beispiel parat, wie er kürzlich auf dem Parkplatz kurz davor stand, die Tür seines Autos zu öffnen. Aber wo waren die Zeitungen, die sich sonst immer auf dem Beifahrersitz stapeln? Just in diesem Moment kam der wahre Besitzer des Wagens um die Ecke und setzte der Verwirrung vorläufig ein Ende.

Diese Schilderung vermochte freilich niemanden in der Runde zu erschüttern, drei weitere Kollegen konnten ganz ähnliche Erlebnisse beisteuern, Kollege Y. war nur noch kurz davor, seinen Autoschlüssel in einem fremden Türschloss abzubrechen. Was, so fragt der Senior am Tisch schließlich, müsse wohl die Praktikantin über die Versammlung an zerstreuten Greisen und Greisinnen denken, von denen selbst der Jüngste noch mehr als doppelt so viele Jahre auf dem Buckel hat wie sie?

Die Dame schmunzelt und zögert kurz, bevor sie ihre Geschichte beisteuert. Ihr sei es bereits einmal gelungen, hinter dem Steuerrad eines blauen VWs Platz zu nehmen, wo sie eine halbe Minute lang den zugegebenermaßen etwas verbogenen Schlüssel ins Zündschloss friemeln wollte. Beim genervten Aufblicken seien ihre Augen an den hässlichen Strasssteinchen hängen geblieben, die entgegen aller Regeln guten Geschmacks auf das Armaturenbrett geklebt waren. Auch in diesem Fall bestätigten sich dann die Zweifel am Besitz des Fahrzeugs - nicht einmal das Modell war gleich - und die Frau verließ verschämt, aber zügig den Ort des Geschehens. Zum Glück sei ihr dann aber doch gerade noch eingefallen, dass sie bereits die gesamten Einkäufe im fremden Kofferraum verstaut hatte. Ihr Fazit: Schusseligkeit kennt keine Altersgrenze.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3433829
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.03.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.