Mitten in Starnberg:Mein Freund, der Kalender

Ein Kalender kann eine wunderbare Sache sein, solange die Seiten noch unergründlich weiß sind

Von Claudia Koestler

Ob elektronisch im Mobiltelefon oder ganz analog als Buch oder Tischaufsteller: Für viele Menschen ist er unentbehrlicher Alltagsbegleiter, der Kalender. Mal Freund, öfter Feind in einem straff durchorganisierten Dasein. Im konkreten Falle war es eine Loseblattsammlung, die das Leben klar bestimmte, Schwarz auf Weiß vorgab, wann man Zeit hatte und wann eben nicht. Gestern aber hieß es Abschied nehmen, der Kalender 2016 ist entsorgt. Vollgeschrieben, Tag für Tag. Die Blätter waren Dokument der Hetze, des Getriebenseins, der Rastlosigkeit.

Die Suche nach einem neuen Kalender wiederum war voller Möglichkeiten. Das Angebot im Bücherhandel reicht schließlich von Miniaturen bis zu segeltuchgroßen Exemplaren mit Kunst oder Fotokunst. Auch bei den Themen herrscht unglaubliche Vielfalt: Da gibt es Druckwerke mit Katzen beim Yoga, Bienen beim Ballspiel, Katzen, die Nietzsche lesen oder Beethoven spielen. Wie gut, dass es eben auch noch die ganz normalen Filofaxe für den Arbeitsgebrauch gibt, nüchtern und mit viel Platz für Termine und kurze Hinweise. Und diese neue Blätter liegen nun vor einem. Bislang ist man nämlich noch gar nicht dazu gekommen, irgendwas in den ersten Tagen und Wochen des Jahres einzutragen. Das Ergebnis: Ganz weiß, ganz verführerisch liegen die Blätter vor einem.

Wow, Zeit! Beim Anblick der Seiten erwacht die Fantasie aus dem Winterschlaf, Bilder endloser Reisen und Treffen kreisen im Kopf. Man ist nicht am Schreibtisch, man ist irgendwo. Minutenlang, in Zeit und Raum schwebend ob der Möglichkeiten, die sich da auftun. Ein kurzer Moment des Glücks, der offenen Türen. Bis, ja bis die nette Kollegin ins Zimmer tritt. Es ist jene mit den Terminen und Dienstplänen.

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