Mitten in Starnberg:Diagnose im Taxi

Es gibt Taxichauffeure, die sind nicht nur freundlich - sie könnten auch jederzeit eine Arztpraxis eröffnen

Von Barbara Briessmann

Zunächst ist er sich nicht mehr ganz so sicher. Nach kurzem Zögern hat der Taxifahrer aber wieder den richtigen Weg eingeschlagen. Er hat eine Dame vom Krankenhaus abgeholt, wo sie alle zwei Tage zur Kontrolle hin muss. Schon einmal wurde sie von ihm kutschiert.

Der Mann erkundigt sich nach dem werten Befinden, irrt sich jedoch anfänglich im Befund. Sie habe sich doch am Fuß geschnitten. Nein, er korrigiert sich: "Sie wurden aufgeschnitten, eine Entzündung durch Streptokokken, Phlegmone, oder?" Ja, genau.

Der Mann kennt sich aus. Dabei ist er gar kein Mediziner. Allerdings gehören Krankenfahrten zu seinem Geschäft. Dazu zählt es auch, wie selbstverständlich Krücken zu verstauen, Menschen ins Taxi zu setzen und ihnen wieder rauszuhelfen. Natürlich auch das Gespräch. Die Annahme, dass Taxler nur granteln und schimpfen, fällt in den Bereich München. In den Landkreisen sind die Fahrer äußerst kommunikativ. Da wird individuell auf jeden Kunden eingegangen. In Sekundenschnelle sind alle Lebensdaten abgefragt: Beruf, Familienstand, Anzahl der Scheidungen und der Kinder. Bei Krankheiten spart der Dienstleister nicht mit medizinischem Rat.

Zwei Operationen, zwei Mal Vollnarkose in zwei Tagen? "Bitte, passen Sie auf Ihren Kreislauf auf, damit ist nicht zu spaßen!" Die Empfehlungen des Chefarztes werden kritisch kommentiert: "Sie sollen versuchen, langsam den Fuß zu belasten? Bloß nicht! Sie haben doch noch die Fäden drin."

Die Patientin wird das zwei Tage später in der Klinik abklären müssen. Zu Risiken und Nebenwirkungen spricht sie sicherheitshalber nicht nur mit dem Arzt, sondern anschließend auch mit ihrem Taxifahrer. Er zögert schließlich nicht lange mit seinen Diagnosen.

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