Süddeutsche Zeitung

Mitten in Possenhofen:Königstanne vom Bauernsee

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Der Fuhrunternehmer Franz Sanktjohanser aus Dießen hat einen prächtigen Weihnachtsbaum ins Schloss geliefert

Die Kategorien für die beiden größten Gewässer sind womöglich so alt wie das Fünfseenland selbst: Hier der von der Ammer gespeiste, bodenständige Bauernsee - dort der Fürstensee, an den es vor allem die Reichen und den Hochadel zog. Eine der vornehmsten "Locations" am Starnberger See dürfte Schloss Possenhofen sein, wo einst Kaiserin Sisi ihre Kindheit verbrachte. In den 1980er-Jahren mit einem Umbau zu Eigentumswohnungen vor dem Verfall gerettet, kann die Anlage "erneut als einer der Glanzpunkte des Fünfseenlands bezeichnet werden", wie Kreisheimatpfleger Gerhard Schober in seinem Prunkbildband über die Schlösser der Gegend schreibt. Selbst wenn die wenigsten der heutigen Schlossherren und -damen adligen Blutes sein dürften, gilt auch für sie noch die Devise "Noblesse oblige" - zumindest, was die Wahl des Christbaums für den geschichtsträchtigen Hof betrifft.

Der kommt seit mehr als zwanzig Jahren regelmäßig vom Bauernsee und wird vom Fuhrunternehmer Franz Sanktjohanser geliefert: Der "Schuse", wie ihn die Dießener nennen, ist nicht nur als Husky- und Storchenfreund, Ex-Eishockey- und aktueller Inlineskate-Champion sowie als ehemaliger Gemeinderat bekannt - er verkauft auch jährlich bei sich in der Fischerei an die 700 Christbäume. Dieses Nebengeschäft hat er 1973 schon vom Vater geerbt, der offizielle Verkauf dort startet heuer am 7. Dezember. Die meisten Fichten und Tannen bezieht er inzwischen vom Händler, doch für besondere Kunden hält der Schuse ein paar prächtige Eigengewächse bereit, die er auf einer gepachteten Wiese am Dießener Ziegelstadel aufzieht und selbst anliefert.

Am Dienstag hat er so mit dem Kranwagen eine zehn Meter lange Weihnachtsfichte im Münchner Arabellapark aufgestellt, am Mittwoch war er wieder mit einer bildschönen Nordmannstanne nach Possenhofen unterwegs. 36 Jahre lang war sie mit Blick auf den Ammersee zu 15 Meter Höhe herangewachsen, die obersten neun stehen nun unweit vom Fürstenseeufer. Der Lieferant ist zwar bürgerlicher Herkunft, hat aber schon öfter hochherrschaftliche Würden errungen: Nicht nur, dass Sanktjohanser 2008 bei der Gemeinderatswahl Häufelkönig wurde, er ist auch Abonnementssieger beim Dießener Fischerstechen - so auch beim bislang letzten Mal 2015, als er im Finale Bürgermeister Herbert Kirsch im Ammersee versenkte und zum 16. Mal als Fischerkönig gekrönt wurde. Diesen Titel aber lehnt er strikt ab - der gebühre eigentlich demjenigen, der den dicksten Fisch fängt. Korrekt wäre allenfalls "Stecherkönig", meint er lachend selbst.

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Quelle:
SZ vom 28.11.2019
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