Süddeutsche Zeitung

Mitten in Krailling:Borst macht mobil

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Seit neuestem knistert und raschelt es im Gemeinderat. Und keiner beschwert sich

Von Blanche Mamer

Die Gemeinderatssitzung in Krailling hat gerade angefangen, als schon das Knistern und Rascheln beginnt. Vorne, am Kopf des großen Ratstisches, werden die Abwägungen zu einem Bebauungsplan erläutert, als einige Gemeinderäte vorsichtig und verstohlen kleine süße Kraftriegel aus der Umhüllung schälen. Im Rathaus gibt es nämlich eine verführerische Innovation: Neben Gläsern und Wasserflaschen stehen neuerdings Schalen mit Leckerlis an den Plätzen. Da finden sich Gummibärchen und Mini-Schokoriegel von der Sorte, die mobil macht, und solche mit Kokosgeschmack, die laut Werbung Bilder aus der Karibik herauf beschwören.

Die Wahl fällt nicht leicht. Zeigefinger schieben die Tütchen und Riegel hin und her. Je vorsichtiger aber die Kommunalpolitiker mit den Süßigkeiten zu hantieren versuchen, desto klarer ist das Geraschel auszumachen. Und bald ist es auch schon egal, denn es naschen ohnehin ja die meisten, und es knistert aus allen Ecken. So ein kleiner Energieschub tut ganz gut, zumal die Sitzungen oft lange dauern und sich zu später Stunde schon mal Erschöpfung breit macht. Und das kommt nicht nur in Christine Borsts Krailling vor. In Gauting, wo am Dienstag fast bis Mitternacht debattiert wurde, kämpfen die Gemeinderäte mit Cola frisch aus dem Kühlschrank gegen Ermüdungserscheinungen an, in Andechs halten sie sich mit Kaffee wach. In den meisten Rathäusern gibt es mittlerweile Wasser und Säfte. Das war nicht immer so. Dafür holten sich die Räte nach der Sitzung fraktionsübergreifend im nächsten Gasthaus die nötige Flüssigkeit.

In Gilching war früher der Übergang fließend. Da gab es im Sitzungssaal eine Bedienung, die die Wünsche der Gemeinderäte notierte und die bestellten Getränke an den Platz brachte. Oder sie schon so gut kannte, dass sie gleich beim Eintritt ein frisch eingeschenktes Bier hinstellte.

Doch zurück nach Krailling. Das ist eine nette Idee mit den Süßigkeiten, doch sie ist auch gemein, eben weil so verführerisch. Denn selbst wer sich enthalten will und einen großen Bogen um solche Kalorienbömbchen macht, ertappt seine Finger beim Herauspulen des Schokosticks aus dem Einwickelpapier - um dann doch zu genießen.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2015
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