Süddeutsche Zeitung

Mitten in Herrsching:Es war einmal ein Winter

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Die ersten Motorradfahrer, Mountainbiker im Matsch, Möwen auf Eisresten und eine absonderliche Beobachtung

Von Walter Gierlich

In der vergangenen Woche war nach der langen Kälteperiode endlich ein Hauch von Frühling zu spüren. In der Morgendämmerung zwitscherten plötzlich die Vögel wieder, von denen man im Januar noch gedacht hatte, dass sie auf rätselhafte Weise vom Erdboden verschluckt worden wären. Die ersten Motorradfahrer ließen ihre Maschinen aufheulen und bretterten mit Vollgas über die Straßen des Fünfseenlands. Und so manch' einer träumte schon von lauen Lüftchen und vom Picknick am See.

Doch nicht überall ist der plötzliche Frühlingseinbruch ein Grund zur Freude. Am Ammersee beispielsweise. Vor einigen Tagen noch waren die Parkplätze dort so belegt wie sonst nur von Badegästen an einem heißen Sommerwochenende. Und das Wasser war bedeckt von einer glitzernden Eisschicht, auf der sich Hunderte von Menschen mit und ohne Schlittschuhe tummelten. Man fühlte sich vielerorts an eine Landschaftsidylle des holländischen Malers Pieter Breughel aus dem 16. Jahrhundert erinnert. Ein traumhafter Anblick.

Und eine Woche später? Zwar immer noch halb volle Parkplätze und für ein Februarwochenende recht viele Spaziergänger. Aber die Eisdecke hat sich gewaltig zurückgezogen. Und darauf tummeln sich keine Eishockeyspieler und Kufenkünstler mehr, sondern nur einige Möwen. Lediglich ein paar Mountainbiker nutzten die Gunst des freien Wochenendes zum Tanken von ein wenig Frischluft.

Aber auch ihre Freude dürfte angesichts der vielen riesigen Pfützen und der matschigen Wege eher gedämpft ausgefallen sein. Einzig einem Mann schien der weiche Morast nicht auszumachen. Er ging nah ans Ammerseeufer heran und steuerte per Funk sein Modellschiff, das jetzt endlich wieder ungehindert durch die Wogen pflügen konnte - ohne Gefahr zu laufen, mit einem Eisberg zu kollidieren.

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Quelle:
SZ vom 06.02.2017
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