Mitten in Gilching:Walter und sein weißer Elefant

Warum der Bürgermeister bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Musikschule mit Bargeld wedelt

Glosse von Patrizia Steipe

Im Englischen nennt man solche Geschenke, die mehr Umstände als Freude bereiten und die man am liebsten gar nicht erst bekommen hätte, "white elephants". Der Ausdruck geht auf den König von Siam zurück. Er soll der Legende nach seltene weiße Elefanten verschenkt haben, um die Empfänger in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Heute fallen darunter gerne Nippes und Co., die dann in Regalen und Schränken ein verstaubtes Dasein fristen.

Bei seiner Ansprache zum 50. Geburtstag der Gilchinger Musikschule griff Bürgermeister Manfred Walter in die Innentasche seines Sakkos. Statt eines hübschen Geldkuverts zog er einen 50-Euro-Schein aus der Tasche und händigte ihn dem Musikschulvereinsvorsitzenden Johannes Riedl aus. Normalerweise überreicht der Gilchinger Rathauschef finanzielle Zuwendungen nicht auf eine solch plumpe Art, aber mit diesem Geldschein hat es eine besondere Bewandtnis.

Vor zehn Jahren feierte die Musikschule ihr 40-jähriges Bestehen. Thomas Goppel, damals Präsident des Bayerischen Musikrates, hatte in seiner Festansprache eindringlich ein eigenes Haus für die Musikschule gefordert. Als Abschlussgag hatte Goppel spontan 50 Euro aus seinem Portemonnaie geholt und sie Walter als Anschubfinanzierung in die Hand gedrückt. Aber wohin mit dem Geld? In der Kämmerei stieß das Geschenk auf blankes Entsetzen. Der Schein sei unmöglich zu verbuchen so ganz ohne Beleg und außerdem gebe es gar keine Haushaltsstelle dafür. Den "weißen Elefanten" wurde Walter jedenfalls nicht los. So wanderte der Schein in die Schreibtischschublade des Bürgermeisters und drückte sicherlich jedes Mal, wenn er sie öffnete, auf das Gewissen.

Beim aktuellen Festakt nutzte Walter die Gelegenheit, um den "weißen Elefanten" weiter zu geben. Endlich sei er eine Bürde los, freute er sich. Noch dazu, da das neue Musikschulhaus ganz ohne die Goppelsche Finanzspritze finanziert werden konnte. Bei Riedl und Musikschulleiter Roland Siegel hielt sich die Begeisterung in Grenzen: "Sollen wir jetzt die Spendenbescheinigung direkt an Herrn Goppel oder an den Bayerischen Musikrat schicken?", rätselte Siegel.

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