Mitten in Gauting:Fledermaus ist nicht im Haus

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Wenn ein Gebäude länger leer steht, beginnt das große Zittern bei den Besitzern. Hat sich womöglich ein schützenswertes Tier eingeschlichen? Das wäre schlecht

Von Michael Berzl

Ein Frosch zum Beispiel in einem hübsch gelegenen Teich ist ein stets gern gesehener Gast, besonders wenn es sich um ein ansonsten seltenes Exemplar handelt. Ein Frosch im Salatteller dagegen ist eigentlich immer unwillkommen, und wenn es sich um den letzten seiner Art handelte. Es kommt also darauf an. Auch die rare Spezies kann einem richtig auf den Wecker gehen.

Bei der Zwergfledermaus etwa ist Dialektik gefragt. An sich gern gesehen, macht aber gelegentlich Umständ'. Pipistrellus pipistrellus, die zu der Familie der Glattnasen gehört, hat die merkwürdige Eigenart, seit Jahrhunderten dort zu wohnen, wo einmal Umgehungsstraßen gebaut werden. So kommt es, dass diese Bauwerke die Funktion länglicher Biotope bekommen. Im Unterbau finden sich lustige Wege für Frosch, Molch und Co., oben gibt es speziell geformte Wände, mit denen die Fledermaus ihren Spaß hat. Mutmaßlich viel mehr als mit faden Fichten. Zum Straßenunterhalt kommt so die Straßenunterhaltung, und die Ökologie kommt in der Ökonomie der Baulast zur Geltung.

Auch der Hausbesitzer gibt beim Baumarkt oder im Gartencenter gern ein paar Euro für die Bespaßung der Glattnase aus und hängt flache Spezialbehausungen an die Hausmauer, in der Hoffnung an lauen Sommerabend auf der Terrasse das nervöse Geflatter der Säugetiere beobachten zu dürfen.

Die neuen Eigentümer eines Altbaus mitten in Gauting hingegen würden viel dafür geben, dass Zwergfledermaus und ihre Spießgesellen von der Roten Liste sich schön fernhalten von dem alten Gemäuer an der Bahnhofstraße, das einst eine Schule beherbergte. Schließlich soll das seit Jahren leer stehende Haus möglichst noch in den Sommerferien abgerissen werden. Das geht aber nur, wenn keiner mehr drin wohnt, schon gar kein seltenes Getier. Also muss ein artenschutzrechtliches Gutachten her, ehe der Abrissbagger kommen darf.

Entsprechend groß war das Aufatmen in Erlangen bei der Firma Sontowski, als sich herausstellte, dass die Rollladenkästen und andere Nischen unbewohnt waren. Und das soll möglichst auch so bleiben. Da bewirken ein paar Dosen Bauschaum, der auch noch in die letzten Ritzen quillt, wahre Wunder. Aus die Maus, sozusagen.

© SZ vom 08.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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