Mitten in Gauting:Anne Franke und die Bienen

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Grüne wollen Insekten helfen, verlieren dabei aber die Orientierung

Kolumne von Michael Berzl

Bienen sind ein bemerkenswert gut organisiertes Völkchen und können sich mit einem ausgeklügelten System über gute Futterquellen verständigen. Um ihren Artgenossen den Weg mit Entfernungs- und Richtungsangaben zu weisen, vollführen sie zum Beispiel einen Schwänzeltanz und wackeln dabei mit dem Hinterleib. Selbst nach kilometerweiten Ausflügen finden sie mit Hilfe ihres Landschaftsgedächtnisses zurück und treffen meist sogar den richtigen Kasten. Die Gautinger Grünen hingegen wirken im Vergleich dazu manchmal komplett orientierungslos.

Zuletzt am Dienstagabend bei dem gut gemeinten Versuch, sich bienenfreundlich zu erweisen und den nützlichen Tieren leckere Blütenkelche ohne Gift zu kredenzen. Die Gemeinderätin Anne Franke, die bald auch in den bayerischen Landtag einzieht, hatte einen Antrag mitgebracht, der zum Ziel hat, Insekten das Leben zu erleichtern, indem Verkehrsinseln und Straßenränder recht bunt und blumenreich bepflanzt und alle Flächen, die der Gemeinde gehören, extensiv und somit ohne Pestizide bewirtschaftet werden.

Die Gemeinde solle sich bei der Regierung von Oberbayern um den Titel einer bienenfreundlichen Gemeinde bewerben in der Hoffnung auf ein Preisgeld von 3000 Euro, meinten die Grünen. Allerdings nicht lange. Kaum hatte die Debatte über den Antrag Fahrt aufgenommen, räumte Franke ein: "Das geht ja leider gar nicht. Wir können uns nicht bewerben." Was die verpachteten Flächen betrifft, erfüllt Gauting nämlich nicht die Bedingungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Frist für die Bewerbung Ende des Monats zu Ende ist; das ist in einer Woche.

Das Thema war damit aber mitnichten ausgestanden. Was folgte, war viel Gebrumm und Gestichel. Die Grünen mussten sich anhören, sie hätten einen Schaufensterantrag gestellt, seien sich der Tragweite nicht bewusst und befänden sich noch im Wahlkampfmodus. CSU-Gemeinderätin Angelika Högner aus Unterbrunn, die selbst aus der Landwirtschaft kommt, erklärte, sämtliche Felder in Gemeindebesitz seien an konventionell wirtschaftende Bauern verpachtet. Denen könne man nicht so einfach den Einsatz von Pestiziden verbieten. Es folgten unterschiedliche Anträge zur Geschäftsordnung, diverse Umformulierungsversuche und Beschwerden, dass der Umgangston jetzt aber sehr unangenehm geworden sei. Nach einer knappen Stunde einigte man sich schließlich darauf, die Debatte im Umweltausschuss fortzusetzen und dazu ein paar Fachleute einzuladen.

Zuvor hatte Franke auf mehrfache Nachfrage und nach einer Unterredung mit ihrem Fraktionskollegen erklärt, sie ziehe ihren Antrag zurück. Bayerns oberster Bienenfreund Markus Söder wird noch viel Freude haben mit der diskussionsfreudigen neuen Landtagsabgeordneten der Grünen.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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