Mitten im Würmtal:Kleines Glück im Kaffeerausch

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Über findige Bäcker, nachhaltige Gemeinden und cremeweiße Plastikbecher

Von Annette Jäger

So schön hätte das werden können: Sollte doch das neue Projekt der fünf Würmtalgemeinden demonstrieren, wie sich das privilegierte Gefühl "Wir sind Würmtal" in die Praxis umsetzen lässt. Der Mehrweg-Würmtal-Kaffeebecher, der nun in mehr als 30 Bäckereien und Geschäften den Pappbecher ersetzen und den Schulterschluss der Gemeinden unter Beweis stellen soll. Vorgestellt wurde das Becherlein in Anwesenheit einiger Rathausprominenz von Gräfelfing bis Gauting. Bei der Präsentation wurde hervorgehoben, wie gut sich doch das Logo auf dem Gefäß macht. Sollte wider Erwarten dennoch kein großer Wurf gelingen, dann wolle man sich eben am "kleinen Glück" erfreuen.

Das kleine Glück ist ein cremeweißer Plastikbecher mit der bescheidenen Anmutung eines Zahnputzbechers, auf dem eine blau-geschlängelte Linie die Würm symbolisieren soll. Bei der Premiere wurde im Überschwang gar die Metapher einer Kindsgeburt bemüht: "Der Becher ist auf die Welt gekommen!" Pah - als wären die Würmtaler die Erfinder des Mehrweg-Kaffeebechers. Ein Bäcker-Kunde jedenfalls, der bei einem Automobilhersteller arbeitet, soll angekündigt haben, diese geniale Idee bei seinem Arbeitgeber einzubringen. Der Würmtaler-Becher auf seinem Weg in die Welt...

Der Becher ist die - von den Gemeinden unterstützte - ehrenhafte Idee des Lochhamer Bäckermeisters Hans Sickinger. Vielleicht auch, weil Engagement für einen umweltfreundlichen Becher etwas Glanz verbreitet, was man von mühseliger Gemeinderatsarbeit nicht immer sagen kann. Jeder recycelbare Becher aus Polypropylen ersetzt 400 Pappgefäße, kostet einen Euro Pfand, nimmt einen Cappuccino auf und darf ungespült zurückgegeben werden. Ein echter Beitrag für eine bessere Welt also - wäre da nur nicht der Deckel, der allein zum Wegwerfen gemacht zu sein scheint. Das einzig Nachhaltige wären dann nur noch die Flecken, die nach einem Schwapps im Auto wohl auf ewig zwischen Handbremse und Beifahrersitz kleben bleiben.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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