Mitten auf der Strasse:Im Halbschlaf zur Schule

Aufgepasst im Straßenverkehr, die Schule geht wieder los. Es gilt besondere Rücksicht - vor allem auf Teenager mit Schlafdefizit

Glosse von Michael Berzl

Gut dass es die Schulweghelfer gibt. Primär sind die guten Seelen morgens und mittags an Ampeln und Übergängen im Einsatz, um den ganz Kleinen etwas mehr Sicherheit zu vermitteln, wenn sie über die Straße müssen. Am Dienstag ist es wieder so weit. Dann stapfen sie los, mit riesigen Ranzen auf den Rücken, ausstaffiert mit grellen Warnwesten und mit dem Hinweis, dass nun der Ernst des Lebens beginne. Trotzdem freuen sie sich noch auf das, was ihnen gleich blüht. Dass der Spaß tatsächlich vorbei ist, merken sie erst später.

Für das Betreten eines Zebrastreifens haben sie eine eigenartige Körperhaltung mit ausgestreckten Armen erlernt, die an den lustigen Move in dem Video zu dem Song "Walk like an egyptian" von den Bangles erinnert. Hier der drollige Ägypter-Gang, bei den älteren Semestern hingegen, denen der Spaß schon vergangen ist, eher ein gebeugtes Schlurfen. Kein Wunder.

Nach Bildungsreisen nach Istrien und an die dalmatinische Küste, teils mit Schwerpunkt in Gastronomie und Spirituosenhandel, nach Bewegungsstudien beim Kite-Surfen sowie Regungslosigkeits-Marathons am griechischen Stränden knallt unserer Jugend nun doch irgendwie überraschend und erbarmungslos der harte Alltag im kalten Norden ins Gesicht. In Form von Tageslicht zu einer völlig ungewohnten Tageszeit.

Ob an der Germeringer Straße in Gauting oder vor dem Bahnhof Nord in Starnberg, generell in der Nähe von Ausbildungsstätten: Verkehrsteilnehmer sollten dort jederzeit, vor allem kurz vor acht Uhr morgens mit halbblinden Halbwüchsigen rechnen, die sich eigentlich noch im Halbschlaf befinden und mehr im Unterbewusstsein den aus der Zeit vor den Sommerferien noch irgendwie vertrauten Weg zur Schule suchen. Hier ist Verständnis und Rücksichtnahme gefragt. Ihnen fehlen mehrere Stunden vormittäglicher Schlaf. Das geht an die Substanz, die Wahrnehmung der Umgebung kann darunter leiden. Nur gut, dass es die Schulweghelfer gibt.

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