Landtagswahlen in Bayern:"Ein bisschen bescheidener wäre es auch gegangen"

Landtagswahlen in Bayern: Victoria Wechtl im Jahr 2017, als sie an die Spitze der Julis in Oberbayern gewählt wurde.

Victoria Wechtl im Jahr 2017, als sie an die Spitze der Julis in Oberbayern gewählt wurde.

(Foto: Florian Peljak)

Der einstige Wirtschaftsminister Martin Zeil will sich mit 66 Jahren noch einmal zum Retter der FDP aufschwingen. Den Parteinachwuchs wie etwa die ehemalige Juli-Bezirksvorsitzende Victoria Wechtl irritiert dieses Gebaren.

Von Carolin Fries, Gauting

Victoria Wechtl weiß, was es heißt, sich in der Politik durchzusetzen. Die heute 30 Jahre alte Gautingerin kann auf eine beachtliche Karriere in der FDP zurückblicken, auch wenn diese seit zwei Jahren aus familiären und beruflichen Gründen pausiert. Als 24 Jahre alte Studentin wird sie zur Kreisvorsitzenden der Starnberger Julis gewählt, wenig später übernimmt sie die Spitze des Bezirksverbands Oberbayern und den Vorsitz des FDP-Ortsverbands Gauting. Als junge erfolgreiche Frau trifft sie bei Parteiveranstaltungen regelmäßig auf "ältere Herrschaften", deren Gebaren ihr gut vertraut ist. Als "typisches Phänomen" beschreibt sie etwa die Angewohnheit betagter Politiker, die Partei in der Not retten zu wollen.

Landtagswahlen in Bayern: Martin Zeil (FDP) will nach eigenem Bekunden seine Partei retten.

Martin Zeil (FDP) will nach eigenem Bekunden seine Partei retten.

(Foto: Claus Schunk)

Entsprechend "amüsiert" hat Wechtl zu Beginn der Woche verfolgt, dass sich ihr Gautinger Parteifreund Martin Zeil zum vermeintlichen Retter der Liberalen aufschwingen will. Der 66-Jährige hat angekündigt, im Stimmkreis München-Land Süd als Direktkandidat für den Landtag die Nachfolge von Journalist und Publizist Helmut Markwort antreten zu wollen. Kommende Woche kommt es zur Kampfabstimmung gegen Marco Deutsch aus Grünwald.

"Ich mache mir Sorgen um die Partei. Und ich mache mir Sorge, dass uns ohne Helmut Markwort das Mandat verloren geht", hat Zeil seine Kandidatur begründet. Der Ausgang der Niedersachsen-Wahl und die aktuellen Umfragewerte seiner Partei in Bayern hätten den Ausschlag gegeben, es gehe um die Existenz der FDP. Für Wechtl eine Übertreibung der Lage. So schlimm stehe es nicht um die FDP, so die 30-Jährige. Sie glaubt fest an den Verbleib ihrer Partei im Landtag. Einen starken Retter braucht es in ihren Augen nicht, "viel eher ein junges, diverses Team", so Wechtl, das die Partei stabilisiere. Fähige und motivierte Leute habe sie während ihrer aktiven Juli-Zeit genug kennengelernt. "Ich glaube nicht, dass nur er das kann."

Dass Zeil als ehemaliger Wirtschaftsminister (2008 bis 2013) im Kabinett Seehofer einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, leugnet Wechtl nicht. "Und ich kann auch verstehen, wenn man das nutzen will", sagt sie. "Doch ein bisschen bescheidener wäre es auch gegangen", so die Gautingerin.

Seinem Heimatlandkreis Starnberg hat Zeil parteipolitisch längst den Rücken gekehrt

Zeil hatte prognostiziert, die benötigten Stimmen sammeln zu können, auch wenn es "kein Spaziergang" würde. Seinem Heimatlandkreis Starnberg hat Zeil dabei längst den Rücken gekehrt, die Mitgliedschaft im Gautinger Ortsverband ist laut Wechtl seit Jahren gekündigt. Stattdessen setzt der dreifache Vater und Großvater zweier Enkel auf den Landkreis München, wo er bereits 2005 erfolgreich für den Bundestag kandidierte.

Dass der 66-Jährige den Mut hat, sich einer Kampfabstimmung zu stellen, imponiert Wechtl wiederum. "Konkurrenz ist immer gut." Sie werde die Entscheidung wie viele andere Liberale im Freistaat mit Spannung verfolgen. Denn sollte sich Zeil durchsetzen, würde er für sich sicherlich auch auf der Landesliste einen Platz ganz vorne beanspruchen, was bestehende Planungen durcheinanderbringe.

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