Maising:Die Mesnerin

Franziska Lang pflegt die Dorfkirche Sankt Bartholomäus. Der 77-Jährigen ist es auch zu verdanken, dass das Gotteshaus mit den spätromanischen Fresken täglich besichtigt werden kann

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Maising

Einmal haben in Maising mitten in der Nacht die Kirchenglocken geläutet. Sie läuteten und läuteten, es hörte nicht mehr auf. Mesnerin Franziska Lang hörte nichts, bis sie von ihren Nachbarn geweckt wurde. Sie ging in die Kirche und schaltete kurz entschlossen alle Sicherungen ab. Normalerweise ist Langs Beruf als Mesnerin nicht so aufregend, dafür aber sehr arbeitsintensiv. Franziska Lang, die das Amt vor zwölf Jahren übernommen hat, ist der gute Geist der Sankt Bartholomäuskirche in Maising.

Sie ist in der kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft geboren, in der sie heute noch lebt. "Du erlebst ja nichts", sagen viele Leute zu ihr. Doch auch, wenn Lang ihr ganzes Leben in dem kleinen Ortsteil von Pöcking verbracht hat, ist das Leben zu ihr ins Dorf gekommen. Franziska Lang hat sieben Kinder großgezogen und ist schon Uroma. Ihre Kinder sind heute zwischen 43 und 56 Jahre alt. Eine Tochter betreibt eine Farm in Namibia, eine lebt in Amerika. Sie hat beide Töchter besucht. "Man macht sich Sorgen, man will ja wissen, wo die Kinder leben", sagt sie. Doch nach jedem Besuch war sie froh, wieder zuhause zu sein. "So schön kann es auf der Welt nicht sein, dass es einem zuhause nicht besser gefällt", meint sie. Auch im Ausland denkt Lang an die Kirche. Aus Namibia hat sie fein gehäkelte Spitzen für die Altardecke mitgebracht.

Mesnerin Lang

Franziska Lang achtet darauf, dass in der Maisinger Kirche Sankt Bartholomäus alles in Ordnung ist: von der Altardecke bis hin zum Blumenschmuck.

(Foto: Franz Xaver fuchs)

Franziska Lang hat viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Eines ihrer Kinder ist schon mit neun Monaten gestorben, eine Tochter ist bei einem Besuch in Namibia tödlich verunglückt und ihr Mann ist im vergangenen Jahr verstorben. Ohne den Glauben gehe es nicht, sagt sie, die froh ist, dass drei ihrer Kinder noch mit ihren Familien im Dorf leben. Sie helfen, wenn sie Hilfe braucht, beispielsweise bei der Pflege des Friedhofs. Das gehört ebenso zu den Aufgaben der Mesnerin, wie die Kirche putzen, das Waschen der Altartücher und das Blumen gießen. Lang sorgt stets für frischen Blumenschmuck. Für Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen gibt sie sich besonders viel Mühe. Und bei bestimmten Anlässen, wie einer Papstwahl oder einem Todesfall muss sie die Glocken läuten.

Auch um Reparaturen kümmert sie sich, wie etwa bei der Monstranz oder einem neuen Pflaster für den Kirchenweg, Die 77-Jährige hat jeden Tag das gleiche Ritual. Immer nach dem Frühstück sperrt sie die Kirche auf. Dann macht sie die Türe weit auf, damit die Leute von der Straße aus sehen, dass die Kirche offen ist. "Jeder darf rein, nur die Schwalben nicht", sagt sie und wirft einen prüfenden Blick in das Kirchenschiff, ob sich nicht wieder Vogel verirrt hat. Im Frühjahr wollten Schwalben in der Kirche nisten. "Die sind auf dem Gottvater gesessen und auf dem Kreuz und haben alles verdreckt", erzählt sie. Damit die Vögel draußen bleiben, hat Lang einen Perlenvorhang vor die Kirchentüre gehängt. "Doch bis die gemerkt haben, dass sie keinen Zugang haben, hat es gedauert", meint sie schmunzelnd. Eine offene Kirchentüre ist nicht selbstverständlich in Maising. Früher war die kleine Bartholomäuskirche, in der nur jede zweite Woche eine Messe gelesen wird, geschlossen.

Mesnerin Lang

Das Gotteshaus wird auch von Pilgern besucht.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Maising wird bei schönem Wetter regelmäßig von Ausflüglern überschwemmt. Seit in dem Gotteshaus aus dem Jahr 1182 bei einer Sanierung in den 1980er Jahren spätromanische Fresken gefunden wurden, hatten bei ihr immer wieder Wanderer geläutet, die das Kirchlein sehen wollen. "Das war lästig", sagt Franziska Lang. Sie hat bei der Diözese Augsburg um Erlaubnis zur Öffnung gebeten. Dafür mussten Teile der Kirche speziell gesichert werden. Das Besondere an dem Gotteshaus ist, dass in den vergangenen 300 Jahren drei Mal der Kirchenpatron gewechselt hat, von Sankt Leonhard zu Sankt Martin und im Jahr 1805 zu Sankt Bartholomäus. Das sieht Franziska Lang gelassen. "Die Maisinger werden halt mit ihren Heiligen nicht zufrieden gewesen sein", sagt sie.

Wieder läuten Besucher bei Lang. Meist sind es Leute, die den Jakobsweg entlangpilgern und von Maising über Aschering weitergehen nach Andechs. Die Pilger benötigen an jeder Station einen Stempel. Manchmal kommen sogar Pilgergruppen mit eigenem Pfarrer vorbei. Dann bereitet sie alles vor, damit eine Messe gelesen werden kann. Einmal, als mehrere Pilger nicht mehr laufen konnten, hat sie sie mit dem Auto nach Andechs gefahren.

Auch wenn Franziska Lang viel zu tun hat, macht sie um das Mesner-Amt nicht viel Aufhebens. Sie habe als junges Mädchen schon ihrer Vorgängerin geholfen, sagt sie. "Und so lange ich das machen kann, mache ich es."

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