Süddeutsche Zeitung

Machtlfing:Aus den Baracken in eine moderne Arbeitswelt

Die Behindertenwerkstätten in Machtlfing feiern 40-jähriges Bestehen und sind ein gefragter Partner der Industrie

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Machtlfing

Angefangen hat alles 1976 mit ein paar Baracken in Garatshausen. Heute sind die Isar-Würm-Lech-Werkstätten (IWL) ein durchaus ernst zu nehmender Betrieb, der in den Niederlassungen in München, Landsberg und Machtlfing mehr als 700 Arbeitsplätze bietet. Die IWL-Werkstätten sind ein gefragter Partner der Industrie geworden und übernehmen Aufträge in Bereichen wie Elektronik oder Metallverarbeitung, aber auch Gastronomie und Catering oder Garten- und Landschaftsbau. Im Rahmen des 40-jährigen Bestehen ist bis zum Freitag, 18. März, eine Wanderausstellung mit dem Titel "Menschen stark machen" in der VR-Bank Herrsching zu sehen.

Die IWL-Werkstätte in Machtlfing hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Behinderung die Teilhabe an der Arbeitswelt zu ermöglichen. Doch der Weg bis dahin war weit. Im Jahr 1976 wurde die Werkstätte in Garatshausen eingerichtet; zunächst mit dem Ziel, Menschen mit Behinderung beruflich zu qualifizieren und ihnen durch Arbeit eine Tagesstruktur zu geben.

Die Bundeswehr in Garmisch-Partenkirchen stiftete damals die Baracken und brachte sie mit Spezialtransportern nach Garatshausen. Dort wurden Arbeitsplätze für 30 Menschen mit Behinderung eingerichtet. "Die Anfänge waren sehr schwierig", erinnert sich Stephan Wieser von den IWL-Werkstätten für behinderte Menschen GmbH. Denn bis in die 70er-Jahre gab es laut Wieser lediglich für Menschen mit Kriegsverletzung den Behindertenstatus. Damals hatten betroffene Eltern die Lebenshilfe gegründet, um die Anerkennung der Behinderung für ihre Kinder zu erreichen. "Es ist den Eltern der Lebenshilfe zu verdanken, dass die politischen Ziele durchgesetzt wurden", erklärt Wieser. Die Lebenshilfe Starnberg und das SOS Kinderdorf sind bis heute Gesellschafter der IWL-Werkstätten.

Behinderte waren in den Anfängen in Garatshausen von einer gesellschaftlichen Teilhabe noch weit entfernt. Sie verrichteten einfache Arbeiten wie etwa Schuhreparaturen, nähen, Teppiche weben oder Holzarbeiten. Auch Fachkräfte für die pädagogische und arbeitsspezifische Betreuung mussten erst ausgebildet werden. Doch die Aufträge der Industrie nahmen schnell zu und das Angebot wurde um Dienstleistungen erweitert. Im Laufe der Jahre mussten die Arbeitsplätze entsprechend angepasst werden.

Zudem waren Investitionen in Maschinen notwendig. Die Baracken in Garatshausen wurden schon 1980 zu klein und die Werkstätten zogen um nach Machtlfing. Dort konnten die Arbeitsplätze auf 70 aufgestockt werden, und darüber hinaus gab es mehr Platz für die Maschinen. Zunächst lag der Produktionsschwerpunkt auf der Holzverarbeitung. Es wurden Holzkreuze vorgefräst und Bauernschränke verziert.

Der Betrieb wurde stetig ausgebaut und auf heute neun Arbeitsbereiche erweitert. Dennoch gibt es noch immer einen großen Unterschied zum freien Markt: Bei den IWL steht der Mensch im Mittelpunkt. Oberste Prämisse ist die gelebte Inklusion, wonach Menschen mit Behinderung beruflich qualifiziert und in die Arbeitswelt integriert werden. "Wir sind heute fester Partner der Industrie", erklärt Wieser stolz.

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Quelle:
SZ vom 27.02.2016
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