Süddeutsche Zeitung

Schwimmen:Einmal der Länge nach durch den Starnberger See

Die fast 20 Kilometer durch das Gewässer schaffen die Teilnehmer eines speziellen Wettbewerbs durch eiserne Disziplin und durch das Ignorieren von Schmerzen.

Von Michael Berzl

"Keine Schmerzen, keine Schmerzen. Weiterschwimmen." Mit diesem Mantra kämpft sich der 55-jährige Stefan Sponer aus Emmering durch den Starnberger See. "Wegignorieren", nennt er diese Technik, die Wehwehchen, die nach ein paar Stunden im Wasser zwangsläufig auftauchen, möglichst nicht zu sehr wahrnehmen. "Man muss eine relativ hohe Bereitschaft haben, sich zu quälen", erklärt er. Es komme darauf an, irgendwann in einen Flow zu kommen, durchs Wasser zu gleiten. Sponer beißt die Zähne zusammen, ignoriert Schmerzen, und so gelingt es ihm, die schwierigste Phase der Längsdurchquerung nach etwa zwölf Kilometern zu überwinden. Und irgendwann ist es geschafft. Gut sieben Stunden nach dem Start in Seeshaupt trifft er in Percha ein. Der Trainer und Präsident der Fürstenfeldbrucker Wasserratten ist zwar dann der letzte von 15 Teilnehmern, aber darauf kommt es bei dieser Veranstaltung wirklich nicht an.

"Alles gut, alle angekommen, keiner hat abgebrochen", resümiert der Veranstalter Alexander Fricke aus München am Tag danach. Darauf kam es ihm an. Wer Sieger werden würde, war ihm schon vorher klar. Christof Wandratsch aus Haiming bei Burghausen, ein international erfolgreicher Extremschwimmer, der schon mehrere Weltmeistertitel errungen hat, war am Samstag nach gut fünf Stunden im Ziel. Die knapp 20 Kilometer im angenehm warmen Wasser waren für den 64-Jährigen keine besondere Herausforderung mehr. Er hat schon diverse Titel im Eis- und Winterschwimmen geholt, hat die Straße von Gibraltar und den Ärmelkanal durchquert und auch den Bodensee in seiner gesamten Länge von knapp 67 Kilometern bezwungen. "Was der Körper aushält und schaffen kann - für mich gigantisch", sagte der Schwimmer in einem SZ-Interview über das Eisschwimmen.

Die zweite Einzelschwimmerin im Ziel in Percha war am Samstag die erst 16-jährige Julia Schober aus Mammendorf von den Fürstenfeldbrucker Wasserratten, die zwei Wochen zuvor auch bei der wesentlich kürzeren Durchquerung von Possenhofen nach Leoni dabei war. Ihr Verein war mit zwei einzelnen Teilnehmern und zwei Staffeln am Start. Die schnellste Staffel kam aus Pfaffenhofen an der Ilm und bestand aus Norbert Höschel, Dorle Kopetzky, Veronika Reim und Sarah Gollwitzer sowie der Begleitbootfahrerin Michaela Huß.

Fricke, der in Pöcking und Feldafing aufgewachsen ist, hat es zu seinem Beruf gemacht, diverse Veranstaltungen zu organisieren, darunter zum Beispiel Firmenläufe, eine Teamstaffel im Westpark, Triathlons und einen Neujahrslauf im Münchner Hofgarten. Die Durchquerung des Starnberger Sees, bei der diesmal mehr als 300 Schwimmer gestartet waren, hat er schon zum 13. Mal veranstaltet.

Premiere war das Schwimmen der Länge nach. Die angemeldeten Teilnehmer starteten von 6.40 Uhr an am Lido in Percha, unterwegs wurden sie abgesichert von Booten der Wasserwacht und der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und begleitet von Helfern auf SUP-Boards, in Kajaks und Kanus. An drei Verpflegungsstationen wurden sie mit Getränken, Gels und Bananen, Semmeln und Brezen versorgt. Solche Stopps, an denen sich auch die Staffelschwimmer ablösten, gab es in Ammerland bei der Wasserwacht, am "Mothers Beach", und beim Hotel in Leoni.

Premiere war so eine lange Strecke auch für den Emmeringer Schwimmtrainer Sponer. Das sei schon eine "außergewöhnliche Herausforderung" gewesen, sagte er am Tag danach. Auch am Sonntag habe er noch am ganzen Körper die Folgen der großen Anstrengung gespürt. Aber er kann schon wieder schwärmen von dem "Naturerlebnis: Der See ist wunderschön". Sponer hofft jedenfalls, dass Fricke auch im nächsten Jahr wieder eine Längsdurchquerung des Sees organisiert.

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SZ vom 09.08.2021
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