Gesundheit:Standortstreit um neue Klinik geht in die nächste Runde

Gesundheit: Der Starnberger BN-Kreisvorsitzende Günter Schorn (vorne) und der Landesvorsitzende Richard Mergner (rechts) erklären auf der Wiese in Hechendorf, warum sie einen Klinikneubau dort ablehnen.

Der Starnberger BN-Kreisvorsitzende Günter Schorn (vorne) und der Landesvorsitzende Richard Mergner (rechts) erklären auf der Wiese in Hechendorf, warum sie einen Klinikneubau dort ablehnen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Naturschützer ziehen plakativ gegen einen Klinikneubau im Landschaftsschutzgebiet in Hechendorf zu Felde und fordern einen Planungsstopp. Starnbergs Landrat Frey sieht das anders.

Von Christine Setzwein

"Absolut unmöglich und unbrauchbar" empfindet der Bund Naturschutz (BN) die Wiese am Rand des Seefelder Ortsteils Hechendorf als Standort für einen Klinikneubau. Der Vorsitzende des BN-Kreisverbands Starnberg und der BN-Landesvorsitzende, Günter Schorn und Richard Mergner, fordern deshalb einen sofortigen Planungsstopp für das Areal im Landschaftsschutzgebiet und im Regionalen Grünzug. Dem will Landrat Stefan Frey (CSU) nicht nachkommen. "Das wäre falsch und unverantwortlich", sagte er am Dienstag zur SZ.

Fünf Tage, nachdem die Seefelder Grünen und die BI Eichenallee zu einer Ortsbegehung mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann eingeladen hatten, baten die Naturschützer zum Pressetermin auf die Wiese mit der Ankündigung, sie würden Alternativen zum geplanten Klinikstandort vorschlagen. Dazu hatten sie bunte Bilder von Schmetterlingen, Bienen, Käfern und einem Schwarzstorch in die Wiese gesteckt, um auf den Artenreichtum der Mähwiese hinzuweisen. Die Alternativen bestanden dann darin, die Schindlbeck-Klinik in Herrsching zu erweitern und das Areal an der Seefelder Straße in Herrsching, das ursprünglich für den Neubau des Gymnasiums vorgesehen war, auf seine Eignung zu prüfen. Ein Großteil der Grundstücke dort befindet sich in Privateigentum.

Der Landkreis Starnberg, einziger Gesellschafter der Holding "Starnberger Kliniken GmbH", möchte die Krankenhäuser Seefeld und Herrsching zusammenlegen, weil sie zu klein seien und von 2023 an die Voraussetzungen für die klinische Notfallversorgung nicht mehr erfüllten und damit keine staatliche Förderung mehr bekämen. Das Gesundheitsministerium würde ein 200-Betten-Haus fördern.

Gesundheit: Unter anderem wird der Neubau wegen des Hochwassers 2013 abgelehnt, bei dem das Ödenbächl über die Ufer trat

Unter anderem wird der Neubau wegen des Hochwassers 2013 abgelehnt, bei dem das Ödenbächl über die Ufer trat

(Foto: Arlet Ulfers)

Alles schön und gut, aber nicht im Landschaftsschutzgebiet, an der engsten Stelle des regionalen Grünzugs und in unmittelbarer Nachbarschaft eines FFH-Gebiets, findet der BN. "Über diese Planung bin ich erschüttert", sagte Landesvorsitzender Mergner. Angesichts der jüngsten Hochwasserkatastrophen und Starkregenereignisse dürfe nicht noch mehr Boden versiegelt werden: "Umbau geht vor Neubau." Sollte sich herausstellen, dass die Schindlbeck-Klinik nicht erweitert werden könne und die Grundstücke an der Seefelder Straße nicht zur Verfügung stünden, sollten alle Standorte in Seefeld, die bereits von Fachbehörden untersucht wurden, noch einmal auf den Tisch. Mergner: "Wir wollen einen Planungsstopp und einen Neustart." Die Klinikfrage im westlichen Landkreis sei ein "bayernweiter Präzedenzfall".

Sabine Krieger vom BN München verwies auf die "sehr wichtige" Frischluftschneise aus dem Süden und Südwesten für die Landeshauptstadt. Ein "breiter Riegel" in Form eines Klinikgebäudes im regionalen Grünzug zwischen Ammersee und München würde die Frischluftzufuhr beeinträchtigen. Sie forderte außerdem ein Gutachten, ob sich die Bebauung negativ auf das "Alpine Pumpen", die Berg- und Talwind-Zirkulation, auswirke.

Die Seefelder BN-Vorsitzende Constanze Gentz erinnerte an das Hochwasser 2013, als das Ödenbächl neben der Wiese überlief, weil es die starken Regenfälle nicht mehr aufnehmen konnte. Eine Bebauung der Bachaue - als solche vom Umweltministerium ausgewiesen -, würde die Situation noch verschärfen. Helene Falk, Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe, befürchtet eine Schwächung der Eichenalleen und Wälder rund um Meiling und Weßling, die sich am Ödenbächl entlangziehen. Die Wiese sei reich an Kräutern und Gräsern. "Und der Schwarzstorch ist tatsächlich da", erklärte sie.

"Nichts geht an Herrsching vorbei", sagte der Kreisvorsitzende Schorn. Den Bürgerentscheid, bei dem sich die Mehrheit der Seefelder für eine Untersuchung des Standorts in Hechendorf ausgesprochen hatte, werde man zwar akzeptieren, aber im Ratsbegehren sei "mit falschen Karten gespielt worden", behauptete er. Schorn bezweifelte, dass die Eichenallee nicht unter einem Klinikneubau leiden würde und die schmale Bahnhofstraße den Verkehr aufnehmen könnte. Eine neue Klinik an diesem Standort könnte auch nicht erweitert werden.

Gesundheit: Auch die Artenvielfalt, zu der auch der Schwarzstorch gehört, würde durch ein Bauprojekt bedroht.

Auch die Artenvielfalt, zu der auch der Schwarzstorch gehört, würde durch ein Bauprojekt bedroht.

(Foto: Arlet Ulfers)

Landrat Frey sprach von einem "klaren Auftrag", den er habe: durch die Abstimmung über das Ratsbegehren, durch das Votum des Kreistags, der das Ratsbegehren unterstützt habe und durch die Situation der beiden Krankenhäuser bezüglich der Notfallversorgung. Frey: "Da stehen wir unter Zeitdruck." Die Hände in den Schoß zu legen und einen Planungsstopp zu erwirken, sei völlig falsch. Die letzte Entscheidung, ob die Schindlbeck-Klinik erweitert werden könne, liege ohnehin beim Gesundheitsministerium, das werde geprüft. Mit einem Ergebnis sei wohl Ende des Jahres zu rechnen. Die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern an der Seefelder Straße in Herrsching liefen, "aber dafür nehme ich mir die notwendige Zeit, die ich brauche", sagte Frey.

Wichtig sei es, mehrgleisig zu fahren, denn ob eine Fläche geeignet sei oder nicht, könnten nur gründliche Untersuchungen zeigen. "Wir reden hier über einen Millionenbetrag", sagte der Landrat, "da brauchen wir eine breite Grundlage." Das alles auf die lange Bank zu schieben, wäre unverantwortlich. "Ich werde den Prozess vorantreiben und gestalten", so Stefan Frey.

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