Süddeutsche Zeitung

Coronavirus im Landkreis Starnberg:Starnberg ist Risikogebiet

Mit mehr als 21 Neuinfektionen am Wochenende liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 51,22. Landrat Stefan Frey ordnet eine Maskenpflicht in Schulen, an Bahnhöfen und rund ums Kloster Andechs an. Neue Regeln gelten außerdem in Krankenhäusern, Altenheimen und Asyl-Unterkünften.

Von Carolin Fries

Im Landkreis Starnberg gelten von diesem Montag an neue Corona-Regeln, weil die Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag den Risikowert von 50 überschritten hat. Landrat Stefan Frey (CSU) hat eine Allgemeinverfügung erlassen, welche in vielen Bereichen aber weit unter den strengen Ankündigungen der vergangenen Tage bleibt. So ist etwa eine Maskenpflicht an den Seepromenaden vom Tisch wie auch eine Teilung von Klassen, sollten an den Schulen Corona-Fälle in zwei Klassen bekannt werden. "Das würde die Schulen unverhältnismäßig stark treffen", so Frey.

Mit mehr als 21 Neuinfektionen am Wochenende lag der Inzidenzwert bei 51,22, wie der Landrat am Sonntagabend mitteilte. Für zunächst eine Woche hat die Kreisbehörde deshalb eine Maskenpflicht an allen Bahnhöfen und deren Vorplätzen sowie im Bereich des Klosters Andechs einschließlich des Parkplatzes angeordnet. Am Starnberger Kirchplatz sowie an den Seepromenaden in der Kreisstadt (von der Seepromenade 2 bis einschließlich Bucentaurpark) und in Herrsching (vom Seespitz bis zum Sportplatz an der Rieder Straße) gilt ein nächtliches Alkoholverbot von 22 Uhr an.

Im Unterricht müssen ab sofort auch Grundschüler eine Maske tragen sowie Lehrer, unabhängig davon, ob sie den Mindestabstand von eineinhalb Metern einhalten. Die Maskenpflicht besteht weiterhin für die Beschäftigten in den Kitas. Dort müssen zudem feste Gruppen gebildet werden, deren Größe wird nicht beschränkt. Kinder mit Erkältungssymptomen dürfen nur noch in Schule oder Kita, wenn sie einen negativen Corona-Test vorweisen können. Für Krankenhäuser, Altenheime und Pflegeeinrichtungen gilt, dass die Patienten und Bewohner nur noch einmal täglich zu festgelegten Zeiten von einer Person aus dem engen Angehörigenkreis besucht werden dürfen. In den Asyl-Unterkünften gilt für die Bewohner außerhalb der privaten Zimmer eine Maskenpflicht.

Die Maskenpflicht am Kloster und an Bahnhöfen sowie das Alkoholverbot galten bereits am Sonntag, weil der Landrat am Samstag eine erste Allgemeinverfügung erlassen hatte, da der Inzidenzwert des Landkreises den Vorwarnwert von 35 überschritten hatte. "Da habe ich vollstes Verständnis", sagte der Andechser Bürgermeister Georg Scheitz (CSU). Rund ums Kloster sei nun einmal immer viel los. "Jeder Schritt, der hilft, ist richtig", kommentierte Klostersprecher Martin Glaab die Neuregelung. Der Landrat hatte das Regelwerk bereits nachbessern müssen. Maßgebend seien "Praktikabilität und Akzeptanz gewesen", so Stefan Frey. Ihm sei besonders wichtig, den Betrieb in Schulen und Kitas möglichst am Laufen zu halten.

Die Regeln des Landkreises ergänzen die bayernweit geltende Infektionsschutzverordnung, welche das Gesundheitsministerium zum Samstag für Regionen mit einem erhöhten Infektionsrisiko verschärft hat. Ausschlaggebend hierfür ist, wie viele Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gemeldet werden. Liegt der Inzidenzwert über 35, dürfen sich privat nur noch zehn Personen treffen oder Angehörige zweier Hausstände und eine Sperrstunde von 23 Uhr an tritt in Kraft. Bei einem Wert über 50 - wie derzeit im Landkreis - beginnt die Sperrstunde bereits um 22 Uhr, die Personenzahl bei Treffen wird auf fünf oder zwei Haushalte beschränkt.

Seit Beginn der Pandemie haben sich im Landkreis 945 Personen mit Sars-CoV-2 infiziert, 831 gelten als genesen. In häuslicher Quarantäne befinden sich 321 Menschen.

Verwirrung um Inzidenzwert

Große Verwirrung am Samstag: Das Landratsamt meldete eine Sieben-Tage-Inzidenz von 48,29, das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) listete den Landkreis Starnberg indes mit einem Wert von 24,15. Einmal also lag der Kreis unter dem Frühwarnwert von 35 und einmal darüber - und viele Menschen fragten sich, welche Regeln nun eigentlich gelten. Insbesondere, da das Gesundheitsministerium die Beschränkungen für alle Regionen mit mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche just zum Samstag verschärft hatte. Nach den Zahlen des LGL durfte am Samstag noch mit bis zu 100 Personen privat Geburtstag oder Hochzeit gefeiert oder bis spät nachts im Restaurant gegessen und getrunken werden, nach denen des Landratsamtes waren Treffen nur noch mit zehn Freunden oder den Angehörigen zweier Hausstände möglich und von 23 Uhr an galt eine Sperrstunde. Landrat Frey bemängelte am Samstagabend die Abweichungen: "Man sagte mir beim LGL, es handele sich um einen Übertragungsfehler, der behoben wird." Doch auch am Sonntag änderte sich auf der Liste des LGL nichts, lediglich ein Hinweis wurde hinzugefügt: "Wegen technischer Probleme konnten keine Daten aus dem Landkreis Starnberg übermittelt werden, daher sind die Daten aus Starnberg für den Aktualisierungsstand 17.10.2020 in den LGL-Berechnungen unterschätzt." Starnberg wurde weiterhin nicht vom Gesundheitsministerium auf der Liste der Kommunen mit einer erhöhten Infektionsgefahr geführt, ein Ministeriumssprecher stellte klar: "Die inzidenzabhängigen Regelungen der Verordnung gelten dann nicht." Erst am Sonntagabend tauchte Starnberg in der Liste der Landkreise auf, die den Signalwert von 35 überschreiten. Für Montagnachmittag wird die Aufnahme in die Liste der Risikogebiete mit einer Inzidenz von mehr als 50 erwartet. frie

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Quelle:
SZ vom 19.10.2020
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