Kultur in Bayern:Sehnsucht nach dem Live-Auftritt

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Claudia Koreck steht am Ammersee vor gerade einmal 50 Zuhörern auf der Bühne und ist glücklich. Die Singer-Songwriterin präsentiert unter anderem Stücke aus ihrem Album "Auf die Freiheit".

Von Patrizia Steipe, Inning

Sie füllt große Hallen, tourt durch Deutschland, hat elf Alben produziert, mehrere Hits in den Charts gelandet, war 2011 Vorband bei den Eagles - so schnell bringt Claudia Koreck nichts aus der Fassung. Als sie jedoch im Groundlift-Studio in der Alten Brauerei Stegen auf die Bühne trat, wo sie gerade einmal 50 Personen mit Abstand und Masken bejubelten, traten ihr die Tränen in die Augen. Mehr als ein Jahr hatte die bayerische Singer-Songwriterin aus Traunstein auf Live-Auftritte verzichten müssen und der letzte war ein trauriger. Da hatte sie bei der Trauerfeier von Joseph Vilsmaier (März 2020) gemeinsam mit Haindling "Das ewige Lied", gesungen. So lange war das schon her, dass Koreck Tage vor dem Auftritt in Stegen ganz aufgeregt gewesen sei. Das erzählte sie am Anfang des Konzerts, das auch als Livestream übertragen wurde. Veranstalter Bernhard Schloemer hatte Koreck und ihren musikalischen Begleiter und Ehemann Gunnar Graewert dabei zu einem "Warm-up-Talk" gebeten.

Stegen war der Auftakt der "Duo-Tournee" von Koreck und Graewert, eine Idee, die aus der Pandemie geboren war. Schließlich sind die beiden "ein Haushalt" und können problemlos gemeinsam auf die Bühne. Musik machen sie allerdings schon seit zwölf Jahren zusammen. Graewert ist Songwriter, Komponist und Produzent und spielt mehrere Instrumente.

Beim Konzert sang Koreck endlich Live zum Beispiel Stücke aus ihrem 2020 erschienenen Album "Auf die Freiheit". Damit hätte sie vergangenes Jahr auf Tournee gehen wollen - die Auftritte mussten wegen Corona abgesagt werden - das Motto hätte sowieso nicht zu diesen beschränkten Zeiten gepasst. Ihr bluesiger Auftaktsong "Aufgwacht von den Douden" passte dafür perfekt zur aktuellen Stimmung, was der frenetische Jubel des Publikums bewies. Den gab es ebenso für die anderen Songs wie "Vida bonita", "Es geht vorbei" oder "Paper Aeroplane".

Neben eigenen Songs präsentierte Koreck Cover-Versionen aus ihrem neuen Album "Perlentaucherin". Natürlich das Nena-Lied "Irgendwie, irgendwo, irgendwann". Koreck hatte es für die neue Staffel der Fernsehserie "Der Bergdoktor" (Januar 2021) aufgenommen. 1984 hatte die Originalversion von Nena die Hitparaden gestürmt, da war Koreck gerade erst zwei Jahre alt. Reduzierter ist ihre Version, langsamer, inniger - aus dem Partysong ist eine ruhige Ballade geworden. Das Stück begeistert auch in der neuen Version und landete in den Charts auf Platz eins.

Eigene Songs hat Koreck während des Lockdowns nicht komponiert. Dazu brauche sie den Austausch mit anderen Künstlern. Doch dieser war ausgefallen, somit gab es keine Inspirationen. Außerdem wollte Koreck nicht einen "Depri-Song nach dem anderen" schreiben, etwas anderes als depressive Musik wäre ihr wohl nicht eingefallen, erzählte sie. Das Eintauchen in die Musik der anderen, habe ihr viel Kraft gegeben, so Koreck, die wie viele andere den Spagat zwischen Homeschooling mit zwei Kindern und dem Beruf stemmen musste. Die Coversongs habe sie bewusst einfach gehalten, verbessern könne man die Originale sowieso nicht, lediglich eine eigene persönliche Note anfügen. Das ist ihr auch bei ihrer Interpretation des rockigen Songs "Kompliment" der Band "Sportfreunde Stiller" gelungen. Hier hat Koreck das schnelle, mitreißende Original in ein inniges Liebeslied verwandelt. Ihre gefühlvolle Version eignet sich eher für ein Candlelight-Dinner als für die Tanzfläche, obwohl der zehnjährige Timmi, der für einige Stücke unter den stolzen Blicken der Eltern, mit auf die Bühne kam, dem Ganzen mit Rhythmusinstrumenten und viel Taktgefühl zusätzlichen Pep verlieh.

Nach einer Stunde war der Live-Stream vorbei. Für das Stegener Publikum, das sich genauso wenig von der Konzertstimmung verabschieden wollte, wie Koreck, gab es einige Zugaben. Ganz am Schluss bat Koreck spontan ihren Musikerkollegen und Klaviervirtuosen Martin Schmitt aus dem Publikum auf die Bühne. "Hast du Lust?", fragte sie ihn - das ließ sich Schmitt, ebenfalls ausgehungert nach Live-Auftritten, nicht zweimal sagen. Die beiden einigten sich kurz über die Akkorde und schon ging das Improvisieren los - grandios. Mit Martin Schmitt wird Claudia Koreck übrigens auch offiziell auftreten. Das Konzert in der Stadthalle Germering soll am 7. Mai 2022 stattfinden.

© SZ vom 21.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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