Lieferservice:Susi, die Shopping-Queen

Starnberg: Arranja Start up Unternehmen

Robert Moder inmitten der Thermoboxen, mit denen die Shopper ihre Einkäufe zu den Kunden bringen sollen. Der Testlauf beginnt nach den Ferien.

(Foto: Nila Thiel)

Robert Moder will den Bringservice "Arranja" etablieren. Den Einkaufszettel schreibt der Kunde im Internet. Dann zieht ein Shopper los

Von Otto Fritscher, Starnberg

Nun ja, man kann es ja verstehen, dass ein Computer-Freak nicht gerne zum Shoppen geht. Aber auch ein Nerd braucht mal neues Müsli, eine Fritz-Cola oder so was. Dafür aber extra vom geliebten Rechner Abstand nehmen? "Nein", sagt Robert Moder. Er sitzt vor seinem PC, an den Wänden des Büros an der Münchner Straße stapeln sich grüne Kisten. Sie sind die Grundausstattung für die Lieferanten - Moder nennt sie lieber "Shopper" - des Einkaufsservices "Arranja", der nach den Ferien in Starnberg startet.

"Angefangen hat es damit, dass ich für mich im Internet Lebensmittel einkaufen wollte. Die Erfahrungen waren aber nicht so gut", sagt Moder. Dann habe er erst mal sein eigenes Einkaufsverhalten analysiert. "Ich geh' zwar mal in einen Supermarkt, aber lieber zu meinem Bäcker, Metzger oder Bioladen. Ich bin Starnberger, und da kennt man die Geschäfte." So wie ihm müsse es auch anderen gehen, dachte Moder. Digital bestellen, aber lokal einkaufen sozusagen. Die Geschäftsidee für Arranja war geboren. Im Hauptberuf ist Moder seit 17 Jahren Inhaber und Geschäftsführer der Internetagentur Progressive Media, "aber immer auf der Suche nach neuen Ideen."

Moder ist in Starnberg aufgewachsen, hat bei More & More Industriekaufmann gelernt. "Die Textilbranche war zwar schön, aber ich bin schon immer sehr IT-lastig. Mein erster Rechner war zwei Generationen vor dem Commodore C64, das Programmieren habe ich mir selbst beigebracht", erinnert sich der 41-Jährige. Dann kam Mitte der neunziger Jahre das Internet-Zeitalter, 1994 gab es weltweit die erste Online-Bestellung über das Internet.

Moder machte sich dann selbständig mit einem Online-Shop für Hard- und Software. "Ich habe anfangs selbst die Rechner zusammengeschraubt, daraus wurde dann später Progressive Media." Jetzt hat die Agentur acht Mitarbeiter in der Softwareentwicklung. "Ich mache hier in Deutschland die Kundenbetreuung", sagt Moder. Seitdem sei die Zeit immer knapper geworden, so kam er auf die Idee, im Internet Lebensmittel und andere Bedarfsgüter einzukaufen.

Was hat ihm dabei eigentlich nicht gefallen? "Da ist erst mal das eingeschränkte Supermarkt-Artikelsortiment. Ich geh' aber gerne zum Kandler oder zum Scholler oder zum Türken in der Hanfelder Straße. Und dann hat mir das Verständnis von Frische und Qualität nicht getaugt", sagt Moder angesichts der oft langen Transportwege der online bestellten Lebensmittel. Wie ist das aber mit dem stundenschnellen Lieferservice, den Versand-Gigant Amazon jetzt auch für Lebensmittel in München anbietet? Vor dieser Konkurrenz ist Moder nicht bange, "denn einen Einkauf in Starnberg kann auch Amazon nicht bieten." Der beauftragte Shopper soll quasi die gleichen Wege gehen, wie es der Kunde selbst täte.

Einkaufen bei Arranja funktioniert so: Der Kunde muss sich registrieren, dann kann er seinen digitalen Einkaufszettel schreiben. Sagen wir mal: Brezen, fünf Stück, bitte von der Hofpfisterei, mit viel Salz. Wenn die Einkaufsliste fertig ist, werden Lieferzeit und -adresse angeben - und der Auftrag freigeschaltet. Man kann sogar einen bestimmten Shopper aus der Nähe auswählen. Wenn der Auftrag abgeschickt ist, wird der Shopper via Handy oder Tablet verständigt; er kann den Auftrag annehmen oder ablehnen. Der durchschnittliche Bestellwert liegt zwischen 30 und 150 Euro. Bezahlt wird beim ersten Einkauf per Vorkasse. "Man kennt sich ja noch nicht", sagt Moder. Der Einkäufer selbst wird nach Zeiteinheiten bezahlt. "Was er verlangt, legt der Shopper selbst fest, normalerweise so zwischen drei und vier Euro pro Viertelstunde", sagt Moder.

Jeder Shopper ist selbständig, wird aber angelernt, wie man richtig einkauft. "Da kann man so viel falsch machen", seufzt Moder. Man müsse wissen, wie man mit Lebensmitteln richtig umgeht. Und es gehöre Sozialkompetenz, gutes Benehmen und ein Gewerbeschein dazu. Jeder Shopper bekommt eine eigene Website und wird mit Werbematerial und einer Thermobox ausgestattet. In die Ausrüstung muss er anfangs rund 150 Euro investieren.

Weil die Agentur Progressive gut läuft, kann es sich Robert Moder leisten, viel Zeit und Geld in die Weiterentwicklung und Markteinführung von Arranja zu stecken - mittlerweile einen mittleren sechsstelligen Betrag. "Das lief ein bisschen nebenbei, aber nun ist es soweit, dass wir einen ersten Markttest machen können", sagt Moder. Der "Proof of concept", wie Moder es nennt, der Testlauf also, soll nach den Sommerferien in Starnberg stattfinden. "Wir haben auch schon Shopper in anderen Bundesländern", erklärt Moder.

Natürlich ist Arranja nicht nur Moders Hobby, sondern das Projekt soll in absehbarer Zeit Geld einspielen. Dies soll über Werbung geschehen, die die lokalen Einzelhändler im Internet auf den Arranja-Seiten schalten können. "Die Resonanz des Starnberger Einzelhandels ist sehr gut", sagt Moder. Auch vor den Lieferservices der großen Supermarktketten wie Rewe oder Tengelmann ist Moder nicht bange. "Es ist doch ganz etwas anderes, wenn man sich seinen persönlichen Shopper aussuchen kann, als wenn irgendwer daher kommt." Klappt der Testlauf, soll alsbald der bundesweite Start erfolgen. "Wir sind schon auf der Suche nach einem potenten Finanzinvestor. Den brauchen wir, um richtig Gas zu geben", sagt Moder. Er ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Dem liegt die Affinität zur Computerei offenbar im Blut. "Seit er vier ist, hat er sein eigenes Tablet", sagt Robert Moder. Seine Frau arbeitet halbtags in der Firma mit - und die Schwester von Moder ist eine der Einkäuferinnen und firmiert als "Susi, die Shopping-Queen". Noch ist das Start-up also eine Art Familienbetrieb. Und wie ist der Firmennamen entstanden? "Arranja hat nichts mit Orangen zu tun, sondern bedeutet auf Portugiesisch: Er erledigt das", sagt Moder.

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