Leukämiekranker ist geheilt:Lebensretter

Angelika Siegmund ruft zu Spenden für einen Leukämiekranken auf. Innerhalb weniger Wochen kommen die benötigten 247000 Euro für eine Stammzelltransplantation zusammen. Jetzt ist Arsim Azemi gesund

Von Anna-Elena Knerich, Gauting

Es ist ein bewegender Tag für die Runde, die im Klinikum Großhadern zusammengekommen ist, denn dem Leukämiekranken Arsim Azemi konnte das Leben gerettet werden, mit einer Stammzelltransplantation, die nur durch Geldspenden finanziert wurde. "Ich bin überwältigt und glücklich, dass Arsim heute hier sitzt und lacht", sagt Angelika Siegmund, die Initiatorin der Spendenaufrufaktionen. Sie sitzt zwischen den Brüdern Xhavid und Arsim Azemi und hat Tränen in den Augen, als Xhavid die Geschichte seines zehn Jahre jüngeren Bruders erzählt.

Arsim ist 36 und lebt mit seinen vier Kindern im Kosovo. Doch als er 2015 an einer akuten myeloischen Leukämie erkrankt, einer besonders aggressiven Form von Blutkrebs, holt ihn Xhavid im Oktober zu sich nach Gauting. Denn im Kosovo ging es Arsim von Tag zu Tag schlechter: Er holte sich Infektionen im Krankenhaus und wurde schließlich von den Ärzten in Pristina nach Hause geschickt - zum Sterben. Mit der Begründung, eine Behandlungsmöglichkeit gebe es für ihn nicht.

Xhavid und seine beiden Brüder, die ebenfalls im Würmtal leben, kratzten alles Geld der Familie zusammen und brachten den Schwerkranken ins Uniklinikum Großhadern. Nach vier qualvollen Wochen ohne Schlaf und ohne Essen wurde Arsim im Uniklinikum gut versorgt, erst auf der Notaufnahme, dann stationär. Es gelang den Ärzten, die Leukämiezellen mit einer aggressiven Chemotherapie zu zerstören. Am 12. Januar wurde Arsim erstmals entlassen, doch der behandelnden Oberärztin Johanna Tischer war klar, dass langfristig nur eine allogene Stammzellentransplantation sein Leben retten könne: Diese würde neue Blutzellen fördern, die sogar Immunzellen gegen Leukämiefehler bilden.

Leukämiekranker ist geheilt: Grund zur Freude haben (von links) Arsim Azemi, Angelika Siegmund und Xhavid Azemi. Viele Menschen haben dafür Geld gespendet.

Grund zur Freude haben (von links) Arsim Azemi, Angelika Siegmund und Xhavid Azemi. Viele Menschen haben dafür Geld gespendet.

(Foto: Rumpf)

"Das war ein zweiter schwerer Schlag für uns", sagt Xhavid, der viel Angst um seinen Bruder hatte, auch während der vier Monate in Großhadern. Im Dezember war Arsims Dünndarm geplatzt, und selbst die Ärztin gesteht, dass sie sich Sorgen gemacht habe, ob er es bis zur heilenden Stammzelltransplantation schaffen würde. Außerdem ist so ein Eingriff teuer, wenn man wie Arsim nicht krankenversichert ist: Der Kostenvoranschlag für die Transplantation lag bei 247 000 Euro. "Da sich jedoch sein Bruder Ismael perfekt für eine Stammzelltransplantation eignete, musste zum Glück kein passender Spender mehr gesucht werden", erklärt Johanna Tischer. Also versuchte die ganze Familie, das Geld aufzutreiben, bat Freunde um Hilfe und setzte verzweifelt eine kleine Anzeige in die Zeitung.

Das war der Zeitpunkt, an dem sich Angelika Siegmund, eine Freundin der Familie Azemi, einbrachte: "Ich war schockiert, dass in Deutschland jemand sterben müsste, nur weil er nicht genug Geld für eine OP hat!" Sie startete einen großen Spendenaufruf in ihrem Bekanntenkreis und in der regionalen Presse. Das dafür nötige Spendenkonto stellte der Verein Freunde, Förderer und Alumni KUM bereit. Der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Alexander Berghaus, ist erfreut, nach einer Satzungsänderung nun zum zweiten Mal gezielt einem einzelnen Fall, also direkt einem Patienten, finanziell helfen zu können.

"Obwohl Arsim kein krankes Kind, sondern ein erwachsener Mann ist, noch dazu aus dem Kosovo, waren die Menschen aus der Region erstaunlich spendenbereit", sagt Siegmund gerührt, "vermutlich durch den persönlichen Bezug zum Schicksal der Familie Azemi." Auch die Simple Band trug mit einem Benefizkonzert in Gauting bei.

Die Stiftung Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe aus Bonn zahlte die übliche einmalige Zuwendung für bedürftige Patienten, doch das reichte Vorstandsmitglied Cornelia Kern nicht: "Angesichts der hohen OP-Kosten sind 500 Euro viel zu wenig. Also beschlossen wir, die Presse und alle unsere Kanäle zu nutzen." Auf Anregung von Angelika Siegmund meldete sich die Stiftung als Träger für ein Online-Spendenkonto auf der Spendenplattform betterplace.org an. Innerhalb von acht Wochen waren mehr als 10 000 Euro auf dem Konto.

Aktion Knochenmarkspende Bayern

Die Stammzelltransplantation am Klinikum Großhadern war erfolgreich.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Durch die große Hilfsbereitschaft regional und bundesweit war die nötige Summe von fast einer Viertelmillion Euro schon Anfang März erreicht - was die Beteiligten selbst kaum fassen können: "Wir werden nie vergessen, was die Menschen für uns getan haben. Ohne Hilfe der Spender, Ärzte und von Angelika hätten wir das nie geschafft", bedanken sich die Azemi-Brüder.

Am 8. März begann die Transplantation der Stammzellen von Ismael Azemi für seinen Bruder Arsim. Die schwierige Operation verlief dank der professionellen Betreuung im Klinikum Großhadern ohne Komplikationen. Er habe die Fürsorge der Ärzte und Pfleger gespürt, ohne dass dazu Sprache nötig war, und er danke ihnen aus tiefstem Herzen für sein neues Leben, übersetzt Xhavid die Worte Arsims für seine Lebensretter. Auch die Oberärztin ist stolz auf ihr Team, das sich sehr kompetent um jeden einzelnen Patienten auf der isolierten Station kümmere.

Bereits nach 42 Tagen wurde Arsim entlassen, und seit Ende April hat er sich gut bei seiner fürsorglichen Familie in Gauting erholt. Er muss noch ein halbes Jahr lang einmal wöchentlich zu einer Nachuntersuchung ins Klinikum. Doch Ärztin Johanna Tischer ist zuversichtlich, dass er bald in den Kosovo zurückreisen kann - als gesunder Mann. "Er hat einen unglaublichen Lebenswillen und eine Familie, die ihn sehr unterstützt."

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