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Leserbriefe: Auf den drei Hektar zwischen Ammersee- und Pötschenerstraße sollen mehrere Hundert Menschen in bis zu fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern leben.

Auf den drei Hektar zwischen Ammersee- und Pötschenerstraße sollen mehrere Hundert Menschen in bis zu fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern leben.

(Foto: H2R (Entwurf))

Zu "Grüne geben Widerstand auf" in der SZ vom 22. Oktober über die Entscheidung des Gautinger Gemeinderats für ein großes Wohngebiet an der Ammerseestraße:

Wo bleibt eine Ortsplanung?

Man reibt sich die Augen: Ist das wirklich wahr? Bis zu Beginn der historischen Sitzung des Gautinger Gemeinderats waren sich fünf Fraktionen unter Führung der Grünen und damit die Mehrheit des Gemeinderats noch einig. Scheinbar hat man doch in der Sitzung den zuvor eingereichten Gemeinschaftsantrag durch einen eigenen Antrag ersetzt und die bisherigen Partner vorsichtshalber gar nicht erst vorab informiert. Bei den Kernpunkten hat man dabei die Positionen der CSU übernommen: deutlich mehr Wohnungen, doch einen Supermarkt und kein stilles Gewerbe. In der Sache eine fatale Kehrtwendung, im Umgang innerhalb des bisherigen Fraktionsbündnisses eine Katastrophe, vermutlich mit Langfristfolgen für die Glaubwürdigkeit der Grünen.

Städtebauliche Verdichtung muss sein, aber doch wohl mit Augenmaß. Natürlich gibt es für das AOA-Gelände Baurechte, aber für Diehl nur für Gewerbe, nicht das wesentlich wertvollere für Wohnungsbau. Wo bleibt eine umfassende städtebauliche Ortsplanung für Gauting? Die ist offenbar nicht gewollt. "Gauting muss liebenswert bleiben", hallt es von überall her. Was CSU und Bürgermeisterin darunter verstehen, sehen wir beim Bahnhof in den Himmel wachsen und hat mit den früheren Hochglanzprospekten und Plakaten von Sontowski und Rathaus wenig zu tun. Warb doch Sontowski für sein Bauvorhaben mit dem Slogan "Für eine grüne Ortsmitte".

Und was haben die Grünen für ihr Einknicken im Vergleich zum Gemeinschaftsantrag der Fünf bekommen? Bei genauerem Hinschauen: nicht einmal ein Linsengericht, sondern Phrasen ("sozialökologische Mustersiedlung") und als einzige Konzession einen niedrigeren Stellplatzschlüssel (das wird nur wenige Neumieter von der Benutzung von Autos abhalten und nur zu einem weiteren Zuparken der Straßen führen). Die Motive der Grünen bleiben völlig unklar, der Flurschaden, den sie angerichtet haben, dagegen ist immens.

Dr. Eckhard Müller-Guntrum, Gauting

Sinnvolle Bebauung

Schön, dass es nicht zu einer weiteren Gautinger Posse im Hinblick auf die städtische, bauliche Entwicklung gekommen ist. Die Verwaltung und die Erste Bürgermeisterin Frau Dr. Brigitte Kössinger waren und sind sehr bemüht, zusammen mit den Grundstückseigentümern, Architekten und vielen Bürgern eine gescheite und sinnvolle Bebauung auf dem Gelände an der Ammerseestraße zu realisieren. Das ist begrüßenswert. Und dann hat sich eine Fraktion im Gemeinderat gebildet, die meint, ohne besonderes Mandat und Fähigkeiten in Opposition gehen zu müssen. Herr Eberhard Brucker (Fraktionssprecher der SPD, Anm. d. Red.) konnte die Anzahl der neuen Bewohner sogar genauer vorhersagen als der Architekt, der das Bauvorhaben plant.

Erfreulich ist nun, dass die Grünen eingelenkt haben. Der durch die Baumaßnahme entstehende Verkehr ist ein Thema, welches im Rahmen des Verkehrskonzeptes berücksichtigt werden muss. Ein ausreichend großer Einzelhandel durch einen Supermarkt ist ebenfalls sinnvoll, ein Schlüsseldienst wahrscheinlich nicht. Nur dann haben die neuen Anwohner weniger Gründe, mit dem Pkw zum Beispiel nach Stockdorf oder Starnberg zu fahren. Um in diesen Zeiten mit einem Einzelhandelsgeschäft überleben zu können, ist ein Mindestumsatz dringend notwendig und der ist vor Ort mit einem Kleingeschäft nicht realisierbar. Jetzt ist zu hoffen, dass die Planung und die Maßnahmen zügig umgesetzt werden können.

Hans Gisbert Ulmke, Gauting

Nur noch Münchner Vorort

Der 20. Oktober 2020 wird als bemerkenswertes Datum in die Gautinger Ortschronik eingehen: Es ist der Tag, an dem der CSU-dominierte Gemeinderat und die Bürgermeisterin freie Hand bekommen haben, Gautings Eigenständigkeit als besonders lebenswerte Gemeinde aufzugeben und jeden Einwand gegen eine Verstädterung beiseite zu wischen. Gauting kann endlich ein echter Vorort von München werden und helfen, die dortige Wohnungsnot zu lindern! Die hiesigen Eigentümer werden sich über die steigenden Immobilienpreise freuen.

Es gab hier bei der letzten Kommunalwahl einmal eine politische Gruppierung unter dem Namen "Bündnis 90/Die Grünen". Die Kandidaten traten mit der Behauptung auf, ein Gegengewicht zur bisher dominierenden CSU-Fraktion bilden zu wollen. Viele Wähler glaubten dies, und so gelang es dieser Gruppe tatsächlich, acht der 30 Gemeinderatssitze zu erobern. Sie traute sich sogar, einen Gegenkandidaten bei der Bürgermeisterwahl ins Rennen zu schicken, der fast erfolgreich war, von dem man allerdings anschließend zu kommunalpolitischen Fragen praktisch nichts mehr vernommen hat. Die Wähler hatten angenommen, die Versprechen im Wahlkampf seien ernst gemeint. Am besagten Datum ist nun die ganze Truppe umgefallen, hat alles bisher Gesagte ignoriert, die bisherigen Partner brüskiert und sich bei der Schlüsselfrage um das so genannte AOA-Gelände brav hinter der CSU eingereiht, eine bittere Erfahrung für alle wohlmeinenden Wähler, die dieser Gruppierung ihre Stimme gegeben haben.

Für Mitbürger, die sich für eine organische, überlegte Weiterentwicklung Gautings einsetzen, sind die Aussichten düster. Bürgermeisterin und CSU haben nun freie Hand, das zu verwirklichen, was sie unter Gautings Zukunft verstehen. Nach dem unsäglichen Betonwürfel am Hauptplatz nimmt der brutale Klotz beim Bahnhof Gestalt an und zeigt, wie aus den schönen, braven, zweidimensionalen Planzeichnungen in der Realität unerhörte, die Umgebung erschlagende Baumassen erwachsen können. Das nächste Beispiel wird der Neubau an Stelle des bisherigen Bergmoserhauses in der unteren Bahnhofstraße: ein Betonwürfel wie sein Gegenüber an der Würmbrücke, nur diesmal um ein paar Fenster bereichert. An das Resultat einer Neubebauung des Grundstücks am ehemaligen Wunderlhof mag man gar nicht erst denken. Ist es zu viel verlangt, dass sich ein Architekt bemüht, gerade im Zentrum Gautings eine individuelle, umgebungsgerechte Struktur zu entwerfen? Ist der Gemeinderat zufrieden, wenn die vorgegebenen Quadratmeter Geschoßfläche eingehalten werden? Jeder soll sich seine Gedanken über die Zukunft Gautings machen, aber man sollte allmählich erkennen, dass das Größer, Schneller, Weiter, das unreflektierte Mehr eine Ideologie des letzten Jahrhunderts ist. Es ist höchste Zeit Methoden zu finden, das notwendige Wachstum mit den (noch) vorhandenen Ressourcen auf intelligente Weise zu verwirklichen.

Hansjörg Hägele, Gauting

Grüne Wendehälse

Das Verhalten der Grünen im Gautinger Gemeinderat entbehrt inzwischen jeglicher Glaubwürdigkeit, Logik und Verlässlichkeit. In der Präambel ihres Wahlprogrammes vom Beginn dieses Jahres zur Kommunalwahl heißt es noch: "Mit den Grünen können die Gautinger*innen einen klaren Kurswechsel wählen: Für eine aktive Politik des Miteinanders, die unserem Gauting eine nachhaltige und zukunftsorientierte Perspektive im Einklang mit seinem grünen Charakter gibt. Mit uns wird Gauting nicht zu einem gesichts- und identitätslosen Vorort, der im Verkehr erstickt. Warum? Weil wir gerne hier leben!" Doch jetzt plötzlich stimmen sie, nachdem sie monatelang dagegen waren, für eine massive Errichtung eines neuen Viertels mit massiven Bauten und mehr als 700 neuen Einwohnern auf kleinstem Raum, den Gauting bis jetzt nur aus dem Schlosspark kennt! Mitten in einem Wohngebiet, das vor allem durch Einfamilienhäuser geprägt ist. Ich hielt den Begriff Wendehals inzwischen für überholt, aber für diese Aktion gibt es keinen treffenderen!

Oliver Meyer, Gauting

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