Kaum zu glauben: Bei der Auszählung von Landtags-und Bezirkstagswahl ist im Stimmkreis Starnberg ein ganzer Stimmbezirk vergessen worden. Für eines ihrer fünf Briefwahllokale meldete Gauting am frühen Montagmorgen exakt null abgegebene Stimmen. Am Montagabend bemerkte Wahlleiter Holger Albertzarth diesen offensichtlichen Irrtum und bat die Gemeinde, das Ergebnis der digitalen Schnellmeldung zu überprüfen. Dies geschah im Laufe des Dienstags, der Gautinger Wahlleiter Maximilian Donner musste das Ergebnis korrigieren: Tatsächlich waren im Stimmbezirk des Wahlbüros drei 1035 Stimmen abgegeben worden.
Dadurch hat sich das Gesamtergebnis für Gauting deutlich verändert, die Wahlbeteiligung stieg von 73,4 auf 80,7 Prozent. Bei den Erststimmen zur Landtagswahl verbesserte sich Ute Eiling-Hütig (CSU) im Vergleich zur ersten Schnellmeldung von 28,4 auf 30,7 Prozent, Matthias Vilsmayer konnte für die Freien Wähler in Gauting 11,4 statt 7,6 Prozent der Stimmen verbuchen. Für die Kandidatinnen von Grünen, FDP und SPD ist die Ergebniskorrektur mit einem Rückgang des Stimmanteils verbunden: Anne Franke erreichte nicht 30,1 sondern nur 26,6 Prozent, Britta Hundesrügge kam statt auf 12,8 lediglich auf 9,6 Prozent und Christiane Kern statt auf 8,4 auf 8,1 Prozent. Signifikant verändert sich auch das Resultat für Rupert Pfänder von der Bayernpartei, den in Gauting 2,0 und nicht wie zunächst gemeldet 1,4 Prozent wählten.
Auch bei den Zweitstimmen verschiebt sich das örtliche Resultat zugunsten der Konservativen: Die CSU erhielt 32,9 Prozent (Erstmeldung 30,6 Prozent), die SPD 8,9 (9,0) Prozent, die Freien Wähler 9,1 Prozent (6,9 Prozent), die Grünen 26,4 (28,9) Prozent, die FDP 9,5 (11,2) Prozent, die Linke 2,4 (2,7) Prozent und die Bayernpartei 1,3 (1,0 Prozent). Für ÖDP und AfD blieb das Ergebnis nahezu konstant. Auf das Gesamtergebnis im Stimmkreis Starnberg wirken sich die neuen Gautinger Zahlen nicht so gravierend aus: Die vom Landratsamt gestern Abend gemeldeten Verschiebungen liegen gegenüber dem zunächst vermeldeten Resultat bei maximal 0,2 Prozent.
Noch bevor das Landratsamt den Fehler publik machte, hatte sich dort Professor Jürgen Schade gemeldet. Dem Juristen und Theologen - der von 1994 bis 1998 dem Landtag und von 1990 bis 1993 dem Gemeinderat Gauting angehörte - war aufgefallen, dass in seiner Heimatkommune bei der jüngsten Landtagswahl die Wahlbeteiligung um ein ganzes Prozent niedriger lag, als vor fünf Jahren. In allen übrigen Kommunen des Stimmkreises aber war die Zahl der abgegebenen Stimmen um fünf bis 9,5 Prozentpunkte höher als 2013. Schade schloss daraus, "dass wahrscheinlich die Ergebnisse einer Briefwahllokals, also gut 1000 Stimmen nicht berücksichtigt wurden". Dies hätte für die örtliche Kandidaten Anne Franke, Matthias Vilsmayer und Britta Hundesrügge gravierende Nachteile zu Folge, weil ihnen so Hunderte von Stimmen bei Verteilung der Mandate über die einzelnen Listen fehlten.
Gauting ist unter den Kommunen des Fünfseenlandesoffenbar besonders anfällig für Pannen bei Wahlen. Mit steter Regelmäßigkeit trudeln die Ergebnisse der Würmtalgemeinde als letztes im Starnberger Landratsamt ein: Bei der Bundestagswahl 2017 kam die Meldung erst um 22.26 Uhr, als die Gäste im Landratsamt schon unruhig wurden. Als Grund für die Verspätung gab die Sprecherin der Gemeinde seinerzeit die hohe Anzahl von Briefwählern an: 5063 Umschläge mussten geöffnet und die Stimmzettel ausgewertet werden. "Beim Auszählen hätten es mehr Helfer sein können", meinte Fritsch-Lange. Auch am vergangenen Sonntag war Gauting wieder das Schlusslicht unter den 19 Stimmkreisen: Es dauerte bis 23.45 Uhr, bis die Schnellmeldung in Starnberg eintraf. Zudem war bei den vergangenen beiden Landtagswahlen der Briefkasten am Gautinger Rathaus vor lauter zugeschickten Stimmzettel übergequollen: 2013 musste am Samstag die Polizei eingreifen und umschichten, heuer leerte der Gautinger Bauhof vom Freitagabend an mehrmals den Postkasten. Gemeindesprecher Maximilian Olberding sagte auf Nachfrage, man wolle bei künftigen Wahlen die Stimmbezirke neu strukturieren und so mehr Wahlhelfer für die Briefwahl einsetzen.