Haushalt:Dem Landkreis fehlen fünf Millionen Euro

Haushalt: Der Starnberger Kreistag will auch im kulturellen Bereich sparen.

Der Starnberger Kreistag will auch im kulturellen Bereich sparen.

(Foto: Lennart Preiss/dpa)

Weil Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer drastisch zurückgehen, zieht der Landrat die Notbremse und verhängt eine Haushaltssperre.

Von Michael Berzl, Starnberg

Die Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg haben vielfältige Auswirkungen wie Verdienstausfälle, Lieferengpässe und Rekordpreise für Öl und Gas. In kommunalen Kassen können diese Krisen Kettenreaktionen auslösen. So etwa im Landkreis Starnberg, der sich gerade zu einer Haushaltssperre gezwungen sieht, weil die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer drastisch zurückgehen. Das zeichnet sich schon seit dem vergangenen Mai ab, berichtete Kreiskämmerer Stefan Pilgram am Donnerstag im Kreisausschuss. Seitdem halte die Tendenz nach unten an. Vorläufiger Höhepunkt in dieser Entwicklung war der Februar dieses Jahres, als das Finanzamt nicht einmal 200 000 Euro überwiesen hat; im Vorjahr waren es noch mehr als 1,2 Millionen. Das Geld fehlt nun.

Gespart wird gerade überall, auch Privathaushalten steht nicht mehr so viel Geld zur Verfügung wie noch vor ein paar Jahren. Das hat offenbar Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Es gehen weniger Grundstücksgeschäfte bei den Notaren über den Tisch, damit fallen weniger Steuern an, von denen Gemeinden und Landkreis profitieren. Und das in erheblichen Größenordnungen. Kreiskämmerer Pilgram rechnet damit, dass ihm in diesem Jahr bis zu fünf Millionen Euro fehlen. Das ergibt eine ungefähre Hochrechnung der bisherigen Zahlen. Bei der Grunderwerbsteuer hatte er ursprünglich Einnahmen von neun Millionen Euro eingeplant, im Zuge der Haushaltsberatungen wurde der Posten schon auf 8,3 Millionen reduziert; wenn der derzeitige Trend anhält, kommt aber nicht einmal die Hälfte davon in seine Kasse. Angesichts dessen hat sich der Kreisausschuss daher fast einstimmig für die finanzielle Notbremse ausgesprochen, der gesamte Kreistag stimmt am kommenden Montag darüber ab.

Die Haushaltssperre bedeutet, dass viel weniger ausgegeben werden darf, als eigentlich vorgesehen ist. Beträge, die im Kreishaushalt schon vorgesehen sind, stehen nur noch zu 70 Prozent zur Verfügung. Und das bedeutet auch, dass wohl einige Stellen nicht mehr besetzt werden können. "Wir werden uns jede Stelle genau anschauen", sagte Landrat Stefan Frey (CSU) in der Ausschusssitzung. Und die Grünen-Kreisrätin Martina Neubauer mahnte schon, dass das Folgen für das Personal haben könnte, "dass dann weniger Menschen mehr Arbeit erledigen müssen".

Die Kreisverwaltung in Starnberg führt die seit dem vergangenen Jahr spürbare Zurückhaltung bei Immobilienkäufen vor allem auf den Ukrainekrieg und seine Folgen zurück: Das sind eine Rohstoffverknappung, stark gestiegene Baukosten, Fachkräftemangel im Baugewerbe und nach den Jahren sehr günstiger Kredite stark gestiegene Darlehenszinsen. Bisher fließt jedenfalls im Vergleich zu den Vorjahren nur ein Bruchteil der Grunderwerbsteuer. Die Folge: Nur drei Monate, nachdem der Haushalt beschlossen wurde, gelten die Zahlen in einigen Bereichen nicht mehr. Da wird pauschal um 30 Prozent gekürzt. Und zwar nicht nur beim Bürobedarf und den Dienstreisen, sondern auch beim Unterhalt von Grundstücken und eben auch bei den Personalausgaben. "Das ist ein sehr schmerzhaftes Thema für uns", sagte der Landrat als Dienstherr von etwa 600 Beschäftigten. Er sehe sich aber gezwungen, zu handeln. Bis zu drei Millionen Euro werden gesperrt. Wo genau welche Summen gestrichen werden, stellt sich erst noch heraus: "Da werden wir uns in den kommenden Tagen und Wochen mit den einzelnen Abteilungen zusammensetzen".

Haushalt: "So kann es nicht weitergehen", warnt der FW-Kreisrat und Bürgermeister Bernhard Sontheim aus Feldafing.

"So kann es nicht weitergehen", warnt der FW-Kreisrat und Bürgermeister Bernhard Sontheim aus Feldafing.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Den Nachbarlandkreisen geht es ähnlich", berichtete Kreisrätin Neubauer, die in ihrer Funktion als Bezirksrätin auch mit Politikern in der Region ins Gespräch kommt. "Wir sind vielleicht nur die ersten, die die Konsequenzen ziehen", sagte sie. Auch die Gemeinden im Landkreis leiden unter dem Rückgang der Steuereinahmen. Darauf machte der FW-Kreisrat und Feldafinger Bürgermeister Bernhard Sontheim in drastischen Worten aufmerksam: "Wir sind am Ende. So kann es nicht weitergehen". Er geht davon aus, dass es den Kommunen in den kommenden Jahren kaum besser geht und mahnte: "Wenn wir uns in der freien Wirtschaft bewegen würden, dann würden wir auf eine Insolvenz zusteuern".

"Wir bekommen zu wenig Geld vom Staat", kritisiert Landrat Frey

Landrat Frey nutzte die Debatte, um einmal mehr auf ein "strukturelles Unterfinanzierungsproblem der Kommunen" hinzuweisen: "Wir bekommen zu wenig Geld vom Staat". Als Beispiele nannte er die Ausgaben für Schulen und Krankenhäuser, bei denen Kreis und Gemeinden seiner Ansicht nach mehr unterstützt werden müssten. Zudem werde das Personal der Kommunen immer mehr gefordert, um staatliche Aufgaben zu übernehmen.

Vergeblich hatte SPD-Kreisrat Christian Winklmeier aus Gilching im Ausschuss vorgeschlagen, die Haushaltssperre bis zur Kreistagssitzung im Mai zu befristen. Schwankungen bei den Steuereinnahmen hält er für "total üblich". Seiner Ansicht nach geht der jetzt im Ausschuss beschlossene Schritt zu weit; mit dieser Auffassung blieb er aber alleine.

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