Süddeutsche Zeitung

Landkreis Starnberg:Wo sich Windräder drehen sollen

Der Landkreis Starnberg stellt die Pläne für mögliche Windkraft-Standorte vor. Mehr als zehn Großanlagen könnten schon bald Strom erzeugen.

Sabine Bader

Steuern, planen, lenken: Das ist die Devise des Landkreises Starnberg, wenn es um Windräder geht. Potenzielle Standorte sind nun in einem Flächennutzungsplan festgelegt, der am Donnerstag im Landratsamt vorgestellt wurde. Er sieht aus wie ein Flickenteppich. Grundsatz war, den Bau der bis zu 200 Meter hohen Anlagen keineswegs zu verhindern. Wenn es nach Kreisbaumeister Christian Kühnel geht, werden sich im Fünfseenland sogar bald "deutlich mehr als zehn Windräder" drehen. Wo genau, das aber wollen Landkreis und Gemeinden selbst bestimmen und die Standortwahl damit nicht Investoren überlassen. "Dafür ist uns unser Landkreis zu kostbar", sagte Landrat Karl Roth auf der Pressekonferenz. Ein wichtiges Kriterium dabei ist der Mindestabstand zur Wohnbebauung: Während sich die Rechtsprechung bei einem 200 Meter hohen Windrad bislang mit 600 Metern Abstand zufrieden gibt, sollen es im Kreis Starnberg künftig mindestens 1000 Meter sein.

Das Instrument, mit dem der Landkreis den größeren Abstand festschreiben und sich die Planungshoheit auf Dauer sichern will, ist: ein eigener Plan für Windkraftanlagen. Ein Pilotprojekt, an dem sich alle 14 Gemeinden beteiligen. Diese stellen sogenannte Teilflächennutzungspläne auf, die dann rechtlich als gemeinsame landkreisweite Planung gelten. Man könnte das Ganze auch eine Art Solidargemeinschaft nennen. Denn der Vorteil ist: Nicht in jeder Kommune muss zwingend ein Standort gefunden werden. So will man in den Gemeinden Feldafing, Tutzing und Herrsching keine Flächen bereithalten. Schließlich soll weder auf der Ilkahöhe noch am Ufer des Ammersees ein Windrad stehen. In den anderen elf Kommunen konnten dafür aber Standorte ausfindig gemacht werden.

Diese sind allerdings unterschiedlich geeignet. Während beispielsweise auf Flächen bei Inning und Gilching schon in der ersten Prüfung schützenswerte Tiere ausfindig gemacht wurden, gilt das Areal in den Wadlhauser Gräben nahe der Garmischer Autobahn naturschutzrechtlich als unbedenklich. Flächen bei Wangen und Gauting dürften nach bisherigen Erkenntnissen dafür windtechnisch nicht ideal sein und darum auch für potentielle Investoren eher uninteressant. "Wir wollen keine Hobbywindräder" sagte Kühnel, auch dazu sei die Landschaft zu schade. Darüber hinaus herrscht auch noch immer Unsicherheit über bestehende Flugkorridore im Landkreise - ein Problem, das vor allem die Stadt Starnberg und die Gemeinden Gauting und Seefeld beschäftigen dürfte. Diesbezügliche Auskünfte von Militär und Luftamt gehen laut Roth in seiner Behörde jedenfalls nur sehr schleppend ein.

Bei der Beurteilung der einzelnen Flächen muss also vieles bedacht werden. Besonders weit in dieser Hinsicht ist bekanntlich die Gemeinde Berg, weil ihr als einziger Gemeinde im Landkreis bereits ein Bauantrag für ein Windrad vorliegt - und das an einer Stelle, an der es die Berger nicht haben wollen: bei Aufkirchen mit Blick auf See und Berge. Der Teilflächennutzungsplan der Berger ist darum schon etwas gediehen. Er geht bald in die dritte Auslegung, da er bis spätestens Mitte Februar kommenden Jahres rechtskräftig sein muss. Die anderen 13 Gemeinden werden in der ersten Jahreshälfte 2012 folgen. Bis sich aber im Landkreis die ersten Windräder drehen, wird es noch eines Weile dauern - bis Mitte/Ende 2013, schätzt Kühnel.

Und trotzdem drängt die Zeit. Schließlich hat sich der Landkreis ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Bis 2035, so der Beschluss des Kreistags, will man im Fünfseenland den Strombedarf rechnerisch komplett aus regenerativen Energiequellen decken. "Schließlich müssen wir weg vom Atomstrom", mahnt Bergs Bürgermeister Rupert Monn in der Pressekonferenz eindringlich. Und ohne den Wind ist dies nicht zu machen. Das hätten alle 14 Bürgermeister erkannt, betont der Landrat. Um sich bei denen zu informieren, die mit Windrädern seit Jahren Erfahrung haben, fahren Kreisräte und Berger Gemeinderäte am Samstag, 12. November, gemeinsam ins Allgäu - nach Wildpoldsried. Diese Gemeinde hat nicht nur selbst den Bau von etlichen Windrädern initiiert, sondern ist mustergültig, was die Vereinbarkeit von Klimaschutz und ökologischer Energiegewinnung betrifft. Sie wurde deshalb mehrfach ausgezeichnet. (Kommentar)

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1180447
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.11.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.