Carsharing in Weßling:Mobilität auf Leihbasis

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E-Auto für alle: In Pöcking ist bereits seit vergangenem Jahr ein Leihwagen im Einsatz. Genossenschaftsvorsitzender Gerd Mulert (li.) - hier mit Gemeinderat Christoph von Gronau und Bürgermeister Rainer Schnitzler (re.) - möchte dieses Modell gemeinsam mit "Stattauto" nun auch in Weßling etablieren. (Foto: Georgine Treybal)

Ein Auto, viele Nutzer: Energiegenossenschaft Fünfseenland und Gemeinde wollen gemeinsam mit "Stattauto" auf dem Land eine Alternative zum eigenen Fahrzeug etablieren.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Carsharing ist in Städten bereits gang und gäbe, jetzt möchte die Energie-Genossenschaft Fünfseenland Starnberg (EGF) den unkomplizierten Fahrzeug-Leihservice auch im ländlichen Raum etablieren. "Viele Haushalte haben zwei Autos vor der Tür", weiß Gerd Mulert, Vorsitzender der EGF. Insbesondere die Zweitwagen aber stünden zumeist ungenutzt herum. Und da wäre Carsharing eine nachhaltige Alternative - besonders, wenn es sich um Elektrofahrzeuge handelt. Zunächst aber müsse das Vorurteil ausgeräumt werden, dass sich Carsharing auf dem Land für den Anbieter nicht rechnet, sagte Mulert im Gemeinderat. Vor allem dann, wenn es sich um so kleine Gemeinden wie Weßling mit seinen 5500 Einwohnern handele.

Im Landkreis Starnberg ist das Carsharing-Angebot bislang recht überschaubar. In Gauting gibt es vier Leihautos, in Starnberg zwei, und in den Gemeinden Gilching, Seefeld, Pöcking und Tutzing jeweils eins. "In Pöcking haben wir seit März 2021 das erste Mal Carsharing in einer kleinen Gemeinde ausprobiert", sagte Mulert. Da sich beide Gemeinden von der Größe her ähneln, soll das gleiche Konzept ab 1. Januar 2023 auch in Weßling eingeführt werden.

Die Besonderheit daran: Das E-Auto könne sowohl privat von der Bevölkerung gebucht, aber auch als Dienstwagen für Rathaus-Mitarbeiter genutzt werden. So hätte man mehr Nutzer. Noch in diesem Jahr soll auf dem Parkplatz des Weßlinger Rathauses eine Ladestation errichtet werden. Dort soll der Standort des neuen E-Autos, ein Renault Zoe, sein. Die EGF ist Eigentümerin, Halterin und Versicherungsnehmerin, die Gemeinde zahlt für Anschaffung, Strom und Unterhalt eine Monatsgebühr in Höhe von 643 Euro. Falls am Ende des Jahres weniger Kosten anfallen, gibt es eine Rücküberweisung. Die Gemeinde trägt allerdings das Risiko, falls das Konzept nicht aufgeht.

Innerhalb von zwei Jahren soll sich das E-Carsharing dank hoher Nutzerzahlen rentieren

Als Kooperationspartner hat die EGF den Münchner Verleihanbieter "Stattauto" gewonnen, der neben der Organisation auch die Reinigung, Reparatur und Wartung des Autos übernehmen wird. "Stattauto hat mit uns bereits Projekte in Pöcking und Gauting realisiert", berichtete Mulert. Innerhalb von zwei Jahren hofft die EGF nun, dass sich das E-Carsharing dank hoher Nutzerzahlen rentieren wird. Die Ausleihe sei unkompliziert: Wer das Auto braucht, muss zuvor einen Nutzungsvertrag mit Stattauto abschließen. Das Fahrzeug könne man dann per Computer buchen und per Chipkarte öffnen. "Fahren, zurückstellen, fertig", sagte Mulert. Die Kilometer werden automatisch abgerechnet.

Die Möglichkeit, endlich auch ein Dienstfahrzeug für das Rathaus zu bekommen, fand großen Anklang im Gemeinderat. Bisher mussten Bürgermeister und Angestellte nämlich Dienstfahrten im Privat-Pkw zurücklegen. Mulert hatte eine Gegenüberstellung von Kosten für ein gemeindeeigenes Dienstfahrzeug und das gemeinschaftlich genutzte Carsharing berechnet. Demzufolge kostet das umweltfreundliche E-Auto-Angebot lediglich 100 Euro mehr. Die bisherigen Erfahrungen mit diesem System seien in Pöcking und Gauting positiv. "Es gibt einige Familien, die bezeichnen das Leihauto bereits als ihr Auto", sagte Mulert. Begeistert von der Idee zeigte sich auch Brigitte Weiß (Grüne). Der Verein "Unser Dorf" habe schon vor Jahren eine Carsharing-Initiative gestartet. "Es hatten sich acht bis zehn Interessenten gemeldet", sagte Weiß. Da sich aber letztlich niemand gefunden habe, der das Projekt organisieren wollte, sei es nicht zustande gekommen. Auch die "Initiative Mobilitätswende Weßling" mit Gemeinderat Gerhard Hippmann (Grüne) setzt sich seit Jahren für Carsharing ein. "Stattauto" als Kooperationspartner habe weitere Vorteile, wusste Hippmann: Das Unternehmen unterhält in vielen Städten und Gemeinden Carsharing-Standorte, so dass Vertragskunden dort ebenfalls Autos ausleihen könnten.

Die EGF wurde 2011 gegründet. Sie ist nicht gewinnorientiert und hat das Ziel, Energieprojekte, die auf erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wasser, Wind und Biogas basieren, zu realisieren. Außerdem setzt sich die Genossenschaft für Energiesparen und energetische Sanierungen ein. Sie hat 550 Mitglieder, darunter auch die Gemeinde Weßling.

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