MVV-Tarifreform:Für die meisten Pendler wird die Monatskarte billiger

Die größten Gewinner im Landkreis Starnberg sind die Stockdorfer. Von dort aus halbieren sich die Preise fast. Aber es gibt auch Verlierer.

Von David Costanzo

Bernd Rosenbusch ist ein zufriedener Pendler. In der Früh fährt er mit der S-Bahn von Feldafing ins Büro nach München. Der 46-Jährige freut sich, dass der Zug nicht brechend voll ist. Und vom Fahrplanwechsel am 15. Dezember an kostet die Monatskarte von seinem Heimatort aus sogar ein sattes Sechstel weniger - 137,90 Euro statt bislang 163,40 Euro. Dann steht nach 20 Jahren wieder eine große Tarifreform im gesamten Münchner Verkehrsverbund (MVV) an. Die Feldafinger profitieren davon wie die meisten Passagiere im Landkreis.

Nun speist sich das Glück des Pendlers nicht allein aus sinkenden Preisen. Rosenbusch zeichnet als Geschäftsführer des MVV verantwortlich für den Umbau von Zonenplänen und Preistabellen. Anstelle der bislang 16 Ringe rund um München treten eine einzige M-Zone für die Landeshauptstadt und sechs Ringe im Umland - wobei der nahezu leere sechste für eine mögliche Erweiterung etwa Richtung Landsberg am Lech und Weilheim-Schongau bereit steht. Die Gespräche darüber laufen.

Über die Reform sagt Rosenbusch: "Es wird vieles einfacher, aber nicht alles einfach." Bislang lautet ein gängiger Witz, dass man schon einen höheren Bildungsabschluss nachweisen müsse, um Netzpläne und Tarifstrukturen des MVV deuten zu können. Bürgermeister sollen auf Bürgerversammlungen sogar schon die Lacher auf ihrer Seite gehabt haben, als sie die Rede auf Volkshochschulkurse für Pendler brachten. Auch nun verstummt die Kritik aus den Rathäusern nicht - zumindest aus manchen. Manfred Walter aus Gilching oder Bernhard Sontheim aus Feldafing erkennen eine Verbesserung, hätten sich aber einen ganz großen Wurf gewünscht. Der Starnberger Kreistag stimmte gleich zweimal mit sehr großer Mehrheit zu.

Weßling Weichselbaum

Der MVV stellt sein komplettes Tarifsystem für S-Bahnen und Busse um. Statt 16 Ringe gibt es vom Fahrplanwechsel am 15. Dezember an nur noch sechs Zonen rund um München.

(Foto: Georgine Treybal)

Die breiteren Ringe rund um München haben vor allem zwei Vorteile: Wer erstens etwa wegen eine S-Bahn-Sperrung auf andere Linien umsteigt, muss nicht mehr fürchten, teurere Tarifzonen ohne das richtige Ticket zu queren. Zweitens verlaufen die Zonengrenzen künftig nicht mehr mitten durch Ortschaften. Wer vom Gautinger Bahnhof etwa mit dem Bus weiter nach Buchendorf will, muss von Mitte Dezember an nicht mehr nachstempeln.

Vor allem aber sinken die Preise, insgesamt um sieben Prozent, hat der MVV errechnet, in den Landkreisen gebe es oft noch größere Ermäßigungen. Das sei dem Steuerzuschuss von 70 Millionen Euro von Freistaat, Landeshauptstadt und Landkreisen zu verdanken, sagt Rosenbusch. Der Landkreis Starnberg und seine Kommunen pumpen mehr als fünf Millionen Euro im Jahr in den Nahverkehr. Vor allem Pendler mit Monatskarte profitieren von der neuen Struktur, auch mit der Streifenkarte wird die Fahrt oft billiger.

Das Sozialticket für die ganze Region schließt eine Gerechtigkeitslücke, denn bislang gab es das nur in Stadt und Landkreis München. Langzeitarbeitslose, Sozialhilfe- und Grundsicherungsempfänger werden von Dezember an auch im Starnberger Landratsamt einen Landkreispass beantragen können, mit dem sie die stark ermäßigte Monatskarte kaufen können. Diese "Isarcard S" kostet etwa von Starnberg nach München 38,40 Euro im Monat, gilt aber nicht an Werktagen zwischen sechs und neun Uhr.

Gelegenheitsfahrer mit Einzelkarte müssen dagegen auf einigen Strecken mehr bezahlen. Die Verlierer der Reform sind die Passagiere in oder aus dem früheren dritten Ring innerhalb der Stadt. Wer aus dem Umland etwa nach Laim pendelt, muss künftig die Monatskarte für ganz München dazukaufen.

Das betreffe aber nur etwa 2000 Kunden, wiegelt der MVV ab, und lasse sich wegen der Struktur der Reform nicht vermeiden. Pendler an den Münchner Stadtrand dagegen - etwa nach Pasing oder Großhadern - können sich freuen, weil der Übergang zwischen Stadt und Umland deutlich verbreitert wurde. Sie müssen darum oft die Kernzone M für München nicht dazu buchen. Hier eine Preisübersicht für die Passagiere auf den beiden S-Bahn-Ästen im Landkreis:

Linie S 6

Stockdorf (Zone M/1): Der größte Gewinner der Reform, weil die Station ins Münchner Tarifgebiet aufrückt - genauer gesagt auf die Grenze zwischen Stadt und Umland, wobei immer die günstigere Zone gilt. Pendler zahlen nur noch 55,20 statt bislang 90,40 Euro. Die Kosten für die Fahrt nach München mit Einzelkarte oder Streifenkarte halbieren sich. Das könnte Gautinger anlocken, die vom Auto auf die Bahn umsteigen. Dort gibt es jedoch kaum Parkplätze.

Neuer Expressbus startet im März

Die wichtigste Neuigkeit bei den Linien kommt nicht zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember sondern erst im nächsten Jahr. Dann startet ein Expressbus zwischen Fürstenfeldbruck und Großhadern, der auch durch Krailling und Gilching fährt. Wie der MVV ankündigt, ist der X 920 Montag bis Samstag von 5.30 bis 22.45 Uhr in Betrieb. In Gilching hält der Bus an Welfen- und Weßlinger Straße. Diese Haltestellen werden dann nicht mehr vom X 900 angefahren, der zwischen Starnberg und Fürstenfeldbruck verkehrt. Der Bus hält dafür vom 1. März an der Gutenberg- und Talhofstraße sowie am Waaghäusl.

Auf einigen Buslinien im Landkreis Starnberg ergeben sich aber schon vom 15. Dezember an Änderungen. Die Linie 907 zwischen Gauting und Germering wird eingestellt, kündigt der MVV an. Auf der Linie 958 gibt es künftig eine neue Haltestelle beim Sportplatz in Erling. Im Sommer wird ein Fahrradanhänger mitgeführt. Auf der Linie 928 vom Kloster Andechs nach Frieding hält der Bus, der um 13.32 Uhr abfährt, künftig auch an der Schulbushaltestelle Hannawies. In Herrsching gibt es auf der Linie 950 eine neue Haltestelle an der Gewerbestraße. In Gauting wird bei einzelnen Fahrten auf den Linien 965 und 966 die Josef-Dosch-Grundschule mit bedient. Seit September gibt es vom Gautinger Schulzentrum um 13.20 Uhr eine zusätzliche Fahrt des 936er-Busses.

Ebenfalls seit September verbindet die Linie 978 mit 13 Haltestellen in Feldafing und Tutzing die Ortszentren, die Artemed-Klinik und einige Ortsteile mit den S-Bahnhöfen. Die Busse fahren Montag bis Samstag von 5.40 bis 21 Uhr, sonntags erst von 7.10 Uhr an.

Frühpendler aus Herrsching kommen künftig mit der S-Bahn noch zeitiger in die Stadt. Auf der Linie S 8 beginnt der Betrieb vom 15. Dezember an schon um 4.30 Uhr. rzl

Gauting (Zone 1/2): Die Gemeinde rückt auf die Grenze vom zweiten zum ersten Ring auf. Die Fahrt mit der Streifenkarte kostet künftig nur drei Streifen, also 4,20 statt 5,60 Euro. Die Monatskarte ermäßigt sich von 90,40 auf 88,90 Euro.

Starnberg (Zone 2/3): Pendler erhalten eine Preissenkung für die Monatskarte von derzeit 127,80 auf 113,40 Euro. Die Einzelfahrt verteuert sich von 5,80 auf 6,60 Euro - ein Plus von 14 Prozent.

Possenhofen und Feldafing (Zone 3/4): Die Stationen rücken auf dem dritten Ring um München zusammen. Die Monatskarte kostet künftig 137,90 Euro. In Possenhofen waren es 152,50, in Feldafing 163,40 Euro. Rabatte gibt es auch für die Fahrt mit Streifen- und Einzelkarte.

Tutzing (Zone 4/5): An der Endstation fallen die Preise fürs Monatsticket von 175,10 auf 162,40 Euro. Die Einzelfahrt verteuert sich von 8,70 auf 9,90 Euro.

Linie S 8

Geisenbrunn (Zone 1/2): Passagiere zahlen künftig so viel wie die Gautinger, also 88,90 Euro im Monat, wobei der Rabatt wegen des höheren derzeitigen Preises von 103,70 Euro größer ausfällt. Weil das Ticket fast 25 Euro weniger als von den beiden anderen Gilchinger Stationen aus kostet, fürchtet die Gemeinde ein Parkchaos.

Argelsried und Neugilching (Zone 2): Pendler erhalten eine kleine Ermäßigung von derzeit 116,50 Euro auf 113,40 Euro - ursprünglich war sogar eine Erhöhung geplant. Teurer wird jedoch die Einzelfahrt: von 5,80 auf 6,60 Euro.

Weßling und Steinebach (Zone 2/3): Die Preise verändern sich in Weßling wie in Starnberg. In Steinebach zahlen die Passagiere derzeit mehr, 140,50 Euro im Monat, weswegen sie sich über eine höhere Ermäßigung auf 113,40 Euro freuen dürfen.

Seefeld und Herrsching (Zone 3/4): Pendler aus beiden Orten zahlen künftig jeweils 137,90 Euro im Monat, was den Herrschingern einen höheren Rabatt beschert, weil sie derzeit mit 175, 10 Euro gut 25 Euro mehr zahlen als die Seefelder.

Infos und Tarifrechner für alle Halte und Ticketarten unter www.mvv-muenchen.de/tarifreform

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