Kinderbetreuung:"Wir backen uns die Fachkräfte selber"

Kinderbetreuung: In der Kinderbetreuung fehlt das Fachpersonal. Deshalb wollen Träger und Kommen im Landkreis Starnberg jetzt neue Wege gehen.

In der Kinderbetreuung fehlt das Fachpersonal. Deshalb wollen Träger und Kommen im Landkreis Starnberg jetzt neue Wege gehen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eltern, Quereinsteiger, Zuwanderer: Sie alle sollen laut einem neuen Konzept des Starnberger BRK-Kreisverbands in Zukunft die Lücken bei der Kinderbetreuung schließen. Dafür entsteht eine eigene Akademie.

Von Carolin Fries, Krailling

Wer künftig sein Kind in die Krippe bringt oder vom Hort abholt, muss damit rechnen, dort kein pädagogisches Fachpersonal mehr anzutreffen. Speziell in den Randzeiten sollen in den Einrichtungen im Landkreis Starnberg stattdessen Tagesmütter und -väter zum Einsatz kommen. Das können zum Beispiel Eltern sein, die in einem Kurs die nötigen Zusatzqualifikationen erwerben oder Quer- oder Wiedereinsteiger aus dem In- und Ausland. Damit will der Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) die Folgen des Fachkräftemangels in der Kinderbetreuung abmildern, wie Geschäftsführer Jan Lang am Mittwoch in Krailling erklärte. Die Gemeinden Krailling und Gauting haben bereits zugesagt, in den örtlichen BRK-Einrichtungen den ergänzenden Betrieb sogenannter Mini-Kitas zu unterstützen. "Wir sind dabei, weitere Träger und Gemeinden zu sammeln", so Lang.

Mini-Kitas sind der kreative Kniff, mit dem nun die Not abgefedert werden soll. Sie werden gewöhnlich analog zu Großtagespflegen unabhängig von bestehenden Einrichtungen betrieben. Maximal zwölf Kinder können in diesem Modell unabhängig vom Alter staatlich gefördert betreut werden, gesetzliche Grundlage ist das Bayerische Kinderbildungs- und -Betreuungsgesetz (BayKiBiG). Doch anders als im regulären Kita-Betrieb berücksichtigt der Gesetzgeber in Mini-Kitas Kindertagespflegepersonen mit den nötigen Zusatzqualifikationen im Anstellungsschlüssel. Die Betreuungszeiten in Krippe, Kindergarten und Hort können im kombinierten Betrieb, wie ihn der BRK-Kreisverband anstrebt, deshalb ausgeweitet werden - ohne die vorhandenen Fachkräfte in den Einrichtungen zu belasten. Etwa 300 Mitarbeiter beschäftigt der Kreisverband momentan in der Kinderbetreuung.

Kinderbetreuung: BRK-Kreisgeschäftsführer Jan Lang 2021 vor dem Covid-19-Impfzentrum in Gauting.

BRK-Kreisgeschäftsführer Jan Lang 2021 vor dem Covid-19-Impfzentrum in Gauting.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Jan Lang schilderte bei einem Pressegespräch im Rathaus eindrücklich die beklemmende Lage. Überall würde Fachpersonal gebraucht, doch das sei schlicht nicht vorhanden auf dem Arbeitsmarkt. Und geschultes Personal aus dem Ausland könne man bei den "rigiden Regeln" in Bayern nur schwer integrieren. "Viele Qualifikationen und Berufe werden nicht anerkannt."

Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux (FDP) schilderte am Beispiel der Leiterin des Kraillinger Kinderhorts und der Mittagsbetreuung, Joanna Okonkwo, das aufwendige Verfahren. In Polen habe sie zwei Studiengänge erfolgreich abgeschlossen und acht Jahre als Lehrerin am Gymnasium gearbeitet. Die deutsche Sprache beherrsche sie perfekt. Um in Bayern im Hort arbeiten zu dürfen, musste sie dennoch eine zusätzliche Ausbildung absolvieren. "Die Hürden sind viel zu hoch", so Haux. Er will mit seinen Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen im Landkreis Druck auf die politischen Entscheidungsträger ausüben, die Regeln für Eingliederungen im Kita-Bereich zu lockern. Krailling kostet die Kinderbetreuung jedes Jahr mehr als zwei Millionen Euro. Zufrieden stellen kann man dennoch nicht alle Familien: Aktuell fehlen 21 Hortplätze.

Von 2026 an gibt es bundesweit einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung für Schulkinder

Damit Quereinsteiger unkompliziert und vor allem vor Ort zu Kita-Mitarbeitern werden, will der BRK-Kreisverband diese selbst ausbilden. Derzeit befinde sich eine Bildungsakademie im Aufbau, so Jan Lang. Diese solle nach Henry Dunant benannt werden, dem Begründer der internationalen Rotkreuz-Bewegung. In Teilzeitkursen wird von Herbst an beispielsweise die Qualifikation zur Kita-Assistenzkraft angeboten. Weitere Angebote würden aktuell noch mit dem Sozialministerium und dem Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz abgestimmt. "Wir backen uns die Fachkräfte selber."

Jan Lang ist überzeugt, nur so die kommenden schwierigen Jahre überstehen zu können. Von 2026 an haben Eltern nicht nur einen Rechtsanspruch auf einen Krippen- und Kindergartenplatz, sondern auch auf eine Ganztagesbetreuung für ihr Schulkind. Doch es bringe nichts, wenn Eltern auf dieses Recht bestünden, so Lang. "Wir müssen als Gemeinden, Träger und Eltern zusammenhalten."

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