Jüngster Gautinger Gemeinderat:"Unfassbar kompliziert"

Jüngster Gautinger Gemeinderat: Tarek Luft, 21, ist von den Niederungen der Kommunalpolitik in Gauting etwas enttäuscht: "Ich habe gedacht, dass man da konsensorientiert arbeitet." Andererseits hat er schon den Eindruck, etwas bewirken zu können. Der jüngste Gemeinderat macht sich für Plus-Energiehäuser und Holzbauweise stark.

Tarek Luft, 21, ist von den Niederungen der Kommunalpolitik in Gauting etwas enttäuscht: "Ich habe gedacht, dass man da konsensorientiert arbeitet." Andererseits hat er schon den Eindruck, etwas bewirken zu können. Der jüngste Gemeinderat macht sich für Plus-Energiehäuser und Holzbauweise stark.

(Foto: Arlet Ulfers)

Tarek Luft war als Bürgermeisterkandidat für "Piratenpartei - Menschen für Gauting" grandios gescheitert. Trotzt ernüchternder Erfahrungen in den vergangenen acht Monaten bleibt der 21-Jährige von seinem Wählerauftrag als Kommunalpolitiker überzeugt.

Von Michael Berzl

"Wortklauberei." Spontan und unmittelbar kommt diese Antwort auf die Frage, was am meisten nervt an der Kommunalpolitik. Tarek Luft aus Stockdorf war einer der jüngsten Bürgermeisterkandidaten in ganz Bayern, konnte als absoluter Neuling sogar einen Achtungserfolg in Gauting erringen. Seit Mai vertritt er im Gemeinderat die Gruppierung "Piratenpartei - Menschen für Gauting". Seither hat er so seine Erfahrungen gemacht mit der Welt der Kommunalpolitik. Die größte Enttäuschung für den 21-Jährigen, der gerade eine Ausbildung zum Kunstschlosser absolviert: "Ich habe gedacht, dass man da konsensorientiert arbeitet, dass es um die Sache geht. Aber das ist nicht so." Das mag eine Gautinger Spezialität sein, dass am Ratstisch gelegentlich auch persönliche Animositäten ausgetragen werden.

Der junge Stockdorfer ist nur einer von vielen kommunalpolitisch engagierten Menschen, die nun im Praxistest erleben dürfen, wie sich das anfühlt, ausgestattet mit dem Mandat des Wählers, zumindest in den Grenzen der eigenen Wohngemeinde mitbestimmen zu dürfen. Luft zählt zu den Jüngsten, aber eine Erfahrung teilt er sicher mit vielen älteren Kollegen, die ebenfalls neu an den Ratstischen sind. Sein erster Eindruck: "Das ist unfassbar kompliziert." Eine Art Einführungskurs für die Gemeinderäte hat es zum Auftakt dieser Amtsperiode heuer nicht gegeben. So musste er als Neuling selbst herausfinden, wie das funktioniert, einen Antrag zu stellen, an wen man sich mit seinen Anliegen am besten wendet, "wie der Hase läuft" eben. Man muss sich durchfragen.

Bürgermeister ist er nicht geworden im ersten Anlauf, und das war auch nicht zu erwarten. Mit 4,3 Prozent hatte Luft sogar das schlechteste Ergebnis von insgesamt fünf Kandidaten erzielt, meinte am Wahlabend im März aber dennoch, "dass ich ziemlich begeistert bin. Damit habe ich nicht gerechnet". Fast 400 Wähler hätten für ihn gestimmt, hat er ausgerechnet. "Das kann sich schon sehen lassen für einen 20-Jährigen", sagte er. Zwei Wochen danach setzte sich Brigitte Kössinger (CSU) in der Stichwahl gegen Hans-Wilhelm Knape, den Bewerber der Grünen, durch.

Seit Mai ist der neue Gemeinderat im Amt. Acht Monate praktische Politik, wobei es auf kommunaler Ebene oft ums Bauen geht - in Gauting um Gewerbegebiete, einen Komplex mit Läden, ein neues Wohngebiet. Immerhin, man könne tatsächlich etwas bewirken, hat der junge Pirat festgestellt. Das sei anders als bei Protesten für die Klimaschutz-Initiative "Fridays for future" etwa, wo sich Luft ebenfalls engagiert. Nun müsse man sich mit ihm auseinandersetzen, ihn ernst nehmen. Es sei schon etwas anderes "mit ein paar Wählerstimmen hinter mir". Der 21-Jährige sieht da einen Wählerauftrag und ist überzeugt: "Ich glaube, die Leute haben mich gewählt, weil sie mehr Klimaschutz wollen." Das ist sein zentrales Thema. Ökologisches Bauen und Klimaschutz sollen nun berücksichtigt werden bei den weiteren Beratungen über ein neues Wohngebiet. Das war eine Forderung aus den Reihen der Piratenpartei, die mit drei Sitzen im Gemeinderat vertreten ist. Zusammen mit einer starken Grünen-Fraktion lassen sich solche Forderungen auch durchsetzen. "Das sind schon etwas andere Mehrheitsverhältnisse", freut sich Luft. Plus-Energiehäuser, Holzbauweise, das sind weitere Ansätze, die er gerne verwirklicht sehen würde. Der Städtebau sollte insgesamt mehr unter ökologischen Aspekten betrachtet werden.

Er ist Mitglied im Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss, der ausdrücklich auch für den Klimaschutz zuständig ist; das steht so in der Geschäftsordnung des Gemeinderats. Außerdem ist Luft Delegierter im Würmtal-Zweckverband, der für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung zuständig ist.

Und eines steht für Luft fest: In Gauting hat seine Politiker-Laufbahn angefangen, dort müsse sie allerdings nicht enden. Bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr tritt er allerdings nicht an. Noch nicht.

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