Im Schritttempo fährt Verena Formichella am Dienstag im Auto ins zweite Zelt der Corona-Teststation in Gilching vor, wo der Arzt Rudolf Schwab mit seiner Assistentin Evelyn Schroeter bereits wartet. Sie tragen Schutzanzüge, der Mediziner neben der Spezialmaske auch ein Visier, denn er ist am dichtesten dran. Dann tupft Schwab mit einem Wattestäbchen routiniert die hintere Rachenwand der Gilchingerin ab, die mit ihrer Familie gerade aus dem Heimaturlaub in Umbrien zurückgekehrt ist. Die Kinder auf der Rückbank kneifen die Augen zusammen und kichern, als sie es geschafft haben. Es ist der erste Tag der Drive-in-Station des Landkreises Starnberg, für die sich 132 Bürger online direkt angemeldet haben.
In den nächsten drei Tagen würden je 104 Personen auf dem ehemaligen Festplatz erwartet, die ihre kostenlose Abstrichtermine über www.coronatest-sta.de gebucht hätten, erläutert Ulrike Krivec, Sprecherin der Aicher Ambulanz Union, die das Testzentrum betreibt. Am selben Tag startet der Notfalldienstleister eine weitere Drive-in-Station in Bad Tölz. Zunächst wolle man es "gemächlicher" in Gilching angehen lassen, damit sich der Ablauf einspielt, sagt Krivec, die im Nieselregen neben ihrem Einsatzleiter Ivo Frank vor dem ersten Zelt steht. Es funktioniere sehr gut, meint er zufrieden. Innerhalb von zweieinhalb Stunden seien "45 Probanden" getestet worden, auch wenn nicht alle pünktlichgewesen seien. Doch das Ambulanzteam ist flexibel, damit nichts aus dem Takt gerät.
Die testwilligen Autofahrer werden von der Rudolf-Diesel-Straße aus im Einbahnstraßen-System zum Checkpoint gelotst. Hinter dem geschlossenen Fenster müssen die Insassen ihren gebuchten Code mit acht Ziffern dem Vorposten zeigen, erst dann lässt Julien Martini vom Sicherheitsdienst den Fahrer durch. Wie zum Beispiel Fabian Thein aus Weßling: Der 19-Jährige hat sein Abitur gemacht und will nun seinen Bundesfreiwilligendienst in Gilching beginnen. "Klar, dafür muss ich mich natürlich testen lassen", sagt der junge Mann, während das Sanitätsteam im ersten Zelt das Geburtsdatum, die elektronische Gesundheitskarte oder den Personalausweis prüfen, um die Identität eindeutig festzustellen. Es klappt auch bei dem Weßlinger schnell und reibungslos.
Ebenso bei Ivan Nikolic: Der 32-jährige Bauleiter aus Starnberg hat seinen Urlaub samt Familie in Kroatien verbracht - angrenzend an ein Corona-Risikogebiet. "Wir verspüren zwar keine Symptome, aber die Tests sind jetzt wichtig", betont er. Seine Frau und zwei Söhne hätten parallel den Hausarzt aufgesucht, erzählt der Mann und fährt entspannt davon - genau wie kurz zuvor ein 39-jähriger Pöckinger, der in Sardinien gewesen ist und jetzt auf das Ergebnis seines Rachenabstriches gespannt ist. Es sollte möglichst innerhalb von 48 Stunden mittels QR-Code aufs Handy übermittelt worden sein, wie Landratsamtssprecherin Barbara Beck erklärt. Hierbei arbeitet die Kreisbehörde mit einen Diagnostik-Labor in Augsburg zusammen.
Das Testzentrum wird wohl zunächst bis Ende des Jahres in Gilching den Bürgern aus dem Fünfseenland angeboten, um das Infektionsgeschehen mit dem Coronavirus im Griff zu behalten. Die Drive-in-Station verfügt über drei Teststrecken mit je zwei Zelten, bis zu 250 Abstriche am Tag sind laut Aicher Ambulanz Union möglich. Erlaubt sei es sogar, zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Station auf dem früheren Festplatz aufzusuchen - wenn die Masken- und Abstandsregeln eingehalten würden. Die motorlose Variante haben am Dienstag etliche Gilchinger bevorzugt. Zum Testauftakt seien etwa 15 Prozent der getesteten Bürger Urlauber gewesen, schätzt Einsatzleiter Frank.
Am Dienstag ist die Zahl der Corona-Fälle im Landkreis auf 701 gestiegen, angesteckt hat sich laut Landratsamt ein weiterer Inninger. Als genesen gelten 652 Personen, 106 Menschen befinden sich derzeit in Quarantäne.