Pandemie und Wirtschaft:Bangen ums Weihnachtsgeschäft

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"Die Kunden haben Angst, dass wir wieder schließen": Silke Stangl, Leiterin der Parfümerie Wiedemann in Herrsching. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Einzelhändler im Landkreis Starnberg befürchten, dass ein abermaliger Lockdown für sie ruinöse Folgen haben könnte. Die Wirte kämpfen schon jetzt mit Umsatzrückgang. Zimmerbuchungen werden gerade reihenweise storniert.

Von Linus Freymark, Starnberg

Wenn es nur um die vergangenen zwei, drei Wochen gehen würde, könnte sich Silke Stangl nicht beschweren. Stangl leitet die Herrschinger Filiale der Parfümerie Wiedemann, selten sei zu dieser Jahreszeit so viel los gewesen wie zuletzt. "Ein bisschen hat man das Gefühl, dass das jetzt schon das vorgezogene Weihnachtsgeschäft ist", sagt sie. Und wäre in diesem Satz nicht das Wörtchen "vorgezogen" enthalten, könnte man Stangl und all die anderen, die im Einzelhandel ihr Geld verdienen, nur beglückwünschen, dass nach dem vergangenen düsteren Winter, in dem die Läden die meiste Zeit über geschlossen blieben mussten, das Weihnachtsgeschäft nun eben schon früher beginnt.

Doch die Angst ist zurück in der Branche: dass es wieder so kommen könnte wie vor einem Jahr. Dass die Läden angesichts der außer Kontrolle geratenen Corona-Lage vielleicht doch wieder schließen müssen. Dass es vielleicht schon in den nächsten Wochen so weit sein könnte und dass das Weihnachtsgeschäft deshalb auch in diesem Jahr nicht so läuft, wie es sich Händler und Kunden noch vor wenigen Wochen und Monaten vorgestellt haben. "Die Kunden haben Angst, dass wir wieder schließen", sagt Stangl. "Auch bei uns sind die Bedenken ganz klar da."

Und so ist von Euphorie unter den Händlern nichts zu spüren, auch wenn die vergangenen Wochen gut waren - der Blick ist schon jetzt sorgenvoll nach vorne gerichtet. Stangl sagt: "Wenn wir wirklich wieder zumachen müssen, wäre das eine Katastrophe für den Einzelhandel."

Schon jetzt gilt im Landkreis Starnberg wegen der in die Höhe geschnellten Inzidenzwerte eine Höchstgrenze, die festlegt, wie viele Kunden sich gleichzeitig im Laden aufhalten dürfen. Sie bemisst sich an der Größe des jeweiligen Ladens. Damit könne sie noch einigermaßen leben, sagt Gabi Huber, die ebenfalls in Herrsching ihr gleichnamiges Modegeschäft für Damen betreibt. "Aber ich hoffe, dass wir offen lassen dürfen", sagt sie. "Noch mal zuzusperren, könnten wir uns nicht leisten." Dass in ihrem Geschäft derzeit mehr oder weniger los ist als gewöhnlich, hat Huber bislang noch nicht festgestellt. "Es ist eigentlich wie immer", sagt sie. Nur eine Sache stört sie derzeit besonders: der nun anstehende und aus den USA importierte Black Friday, bei dem viele Kunden inzwischen auch in Deutschland stark reduzierte Schnäppchen erwarten - Corona-Pandemie hin oder her.

Zweimal hat sie sich in der Vergangenheit darauf eingelassen, in diesem Jahr stand ihre Entscheidung schnell fest. "Ich habe gleich gesagt, nein, da mache ich nicht mehr mit", erzählt Huber. "Ich muss schauen, dass ich meine Ware zum regulären Preis loswerde." Gerade jetzt, in diesen schwierigen Zeiten, hofft Huber dabei auf das Verständnis ihrer Kunden, das größtenteils auch da sei.

Auf die Unterstützung ihrer Gäste setzt derzeit auch die schwer gebeutelte Gastronomie und Hotellerie. Claudia Aumiller ist Betreiberin des Hotels Jakl-Hofs in Wörthsee und Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Viele Firmen aus München hätten geplant, im Landkreis ihre Weihnachtsfeiern abzuhalten und für ihre Mitarbeiter bei ihr Zimmer in Wörthsee reserviert; nun würden diese gerade wieder reihenweise storniert, erzählt Aumiller. Auch viele andere Gastronomen würden unter den Absagen leiden. Und: Schon jetzt stehe die Branche - kurz bevor von Mittwoch an wieder eine Sperrstunde ab 22 Uhr gilt - vor großen Problemen. "Unsere Betriebe sind alle ziemlich leer", berichtet Aumiller. Ziemlich genau mit der Einführung der 2-G-Regel in der Gastronomie seien die Gästezahlen eingebrochen. Als noch 3G galt, seien deutlich mehr Leute gekommen. Doch allein auf die Maßnahme der Regierung will Claudia Aumiller den Rückgang nicht schieben. "Viele Gäste sind angesichts der Zahlen einfach wieder besorgter", sagt sie.

Dennoch würden die meisten Wirte durchhalten, Aumiller zumindest weiß von keinem Wirt im Landkreis, der sich entschieden hat, sein Restaurant zu schließen, weil es sich nicht mehr lohnt. Das Verständnis für die Maßnahmen sei bei den meisten Gastronomen groß, berichtet die Kreischefin des Dehoga, "auch wir sehen ja die Zahlen." Die Betriebe hoffen nun, dass die angekündigten Einschränkungen tatsächlich nur bis 15. Dezember gelten und danach zumindest die Sperrstunde wieder wegfällt. Doch ob das wirklich so kommt, vermag niemand vorherzusagen, die Skepsis ist bei einigen groß. Schließlich wäre es nicht das erste Mal in dieser Pandemie, dass Maßnahmen verlängert werden. Bis dahin hoffen viele Wirte darauf, dass ihre Gäste trotz Sperrstunde weiterhin zu ihnen kommen oder das To-Go-Angebot nutzen. Im vergangenen Winter sei die Unterstützung nämlich immens gewesen, so Aumiller.

© SZ vom 24.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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