Andechs:Bio aus Bayern

Andechs: Die Molkerei Scheitz in Andechs zählt zu den Pionieren unter Bayerns Herstellern für ökologisch produzierte Lebensmittel. Das Familienunternehmen ist einer von insgesamt fünf ausgezeichneten Preisträgern des Wettbewerbs "30 für 30".

Die Molkerei Scheitz in Andechs zählt zu den Pionieren unter Bayerns Herstellern für ökologisch produzierte Lebensmittel. Das Familienunternehmen ist einer von insgesamt fünf ausgezeichneten Preisträgern des Wettbewerbs "30 für 30".

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit dem Wettbewerb "30 für 30" will das Landwirtschaftsministerium dem Trend zu Ökoprodukten noch mehr Schwung verleihen. Unter den ersten Preisträgern ist auch die Molkerei Scheitz in Andechs.

Von Blanche Mamer

Für Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber und ihre Töchter gehört der Andechser Joghurt zum Frühstück. Das erzählt die 44-Jährige zumindest am Montag bei der Begrüßung auf dem Bauernhof der Familie Scheitz in Andechs, wo sie die fünf ersten Gewinner der Initiative "30 für 30" - ein Wettbewerb des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - auszeichnet.

Gastgeber der Aktion unter märchenhaft blauem Himmel ist der Andechser Bürgermeister und Hof-Eigentümer Georg Scheitz. Die Biomolkerei seiner Schwester Barbara Scheitz und ihre Initiative "Klimabauern" ist eines der "Leuchtturmprojekte", die als Vorbilder für die bayerische Bio-Produktion dienen und nun prämiert werden. Ebenfalls Preisträger sind die Erzeugergemeinschaft Bayola aus Schwaighausen bei Regensburg für ihr kaltgepresstes Biorapsspeiseöl sowie "Die BiohennenAG" aus Vohburg (Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm), die seit 25 Jahren auf die Erhaltung alter Nutztierrassen spezialisiert ist und Hühner hält, die nicht nur Eier legen, sondern auch ausreichend Fleisch ansetzen. Viertes Leuchtturmprojekt ist "GemüseWert" der Gemeinschaft Franken-Gemüse Knoblauchsland aus Nürnberg: Durch bioregionalen Gemüseanbau und Vermarktung im Bereich Catering für Kitas, Schulen, Kliniken, Altenheime und Betriebskantinen hat sich das Projekt hervorgetan. Und schließlich hat sich die fünfköpfige Fachjury mit Alexander Beck (Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller), Christian Kagerer (Landwirtschaftliche Qualitätssicherung Bayern), Professor Jutta Rosen (TU München), Cordula Rutz (Landesvereinigung für ökologischen Landbau in Bayern) und Burkhard Schaer (Ecozept) für Haderner Bräu München entschieden: Von der Münchner Girgbräu GmbH wird zertifiziertes Biomalz von kleinen Betrieben aus Bayern verarbeitet.

Andechs: Aus der Hand von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber erhält Barbara Scheitz (rechts), Chefin der Andechser Biomolkerei, die Urkunde zur Auszeichnung im Rahmen der Initiative "KlimaBauer".

Aus der Hand von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber erhält Barbara Scheitz (rechts), Chefin der Andechser Biomolkerei, die Urkunde zur Auszeichnung im Rahmen der Initiative "KlimaBauer".

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ziel der im vergangenen Jahr ausgerufenen Initiative ist es, bis zum Jahr 2030 immerhin 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Bayern ökologisch zu bewirtschaften. In den kommenden drei Jahren sollen jeweils fünf weitere Betriebe und Projekte in sechs Bewerbungsrunden ausgewählt werden. Die Anmeldung zur zweiten Runde läuft bereits. Im Herbst hatte das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Bewerb gestartet, "um der bayerischen Bio-Produktion weiter Schwung zu verleihen und die Nachfrage zu steigern", wie Kaniber sagt. Für sie ist klar: Bio ist bereits mehr als ein Trend, der Bedarf an Ökoprodukten steigt ständig. Das Ministerium müsse möglichst viel tun, um diesen Schwung mitzunehmen und zu unterstützen - eben durch "30 für 30". Die prämierten Betriebe und Projekte sollen nun mit einem Siegel und individuell gestalteter Werbung unterstützt werden.

Hausherr Georg Scheitz nutzt zunächst die Gelegenheit, seine Gemeinde Andechs vorzustellen. Mit 4400 Hektar ist sie die flächengrößte Kommune im Landkreis, mit 3750 Einwohnern aber auch die zahlenmäßig kleinste. Eine Besonderheit sei, dass 92 Prozent der Fläche Landschaftsschutzgebiet sind. Ihre Bio-Molkerei muss Barbara Scheitz eigentlich nicht mehr groß vorstellen: Vater Georg Scheitz senior begann bereits in den Achtzigerjahren mit der Verarbeitung und Vermarktung von Biomilch. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 wurde er weit über den Landkreis hinaus bekannt, als er alle Bauern, die ihn belieferten, aufrief, ihre Kühe im Stall zu lassen. Er kaufte alles alte Heu, das er kriegen konnte, auf, gab es an seine Vertragsbauern weiter - und produzierte unbelastete Babymilch. 1988 folgte der Neubau der Molkerei, seit 2003 ist Barbara Scheitz die Chefin. Und seit 2009 verarbeitet die Molkerei zu 100 Prozent Bio-Milch. Aktuell liefern täglich 665 Biobauern aus einem Radius von 160 Kilometer die Milch ab: insgesamt 134 Millionen Kilogramm Kuhmich und 10,5 Millionen Kilo Ziegenmilch pro Jahr. Die rund 150 Scheitz-Produkte werden in ganz Europa vertrieben.

Neu ist die Initiative "KlimaBauer", an der sich inzwischen rund 100 Milchbauern beteiligen. Das Projekt, das 2021 unter wissenschaftlicher Mitarbeit entwickelt wurde, will die Freisetzung von CO2 verhindern. Wichtigste Aufgabe ist die Verbesserung der Böden und der Humusaufbau. Damit verbunden sind Artenvielfalt, Boden- und Grundwasserschutz und Tierwohl, berichtet Barbara Scheitz. Für erreichte Umwelt-Verbesserungen erhalten die Landwirte eine finanzielle Vergütung, die Fortschritte werden dokumentiert und aufbereitet.

Wichtig ist der Ministerin die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft. Sicher ist aber auch: Die "Welt von morgen und eine gesicherte Zukunft gibt es nicht ohne Bauern." Bio aus Bayern habe großes Potential, findet sie. Kaniber geht es indes nicht nur um Ökoprodukte, sondern auch um die regionale Herkunft. Es sei nicht egal, wo die Nahrungsmittel herkämen. Sie ziehe in der Region geerntetes Obst und Gemüse den von weit her importierten Bio-Produkten vor. Allerdings dürften Regionalität und Bio auch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die nun ausgezeichneten Betriebe aus Bayern hätten Wege gefunden, um Lücken in der Wertschöpfungskette zu schließen. Kaniber setzt nun auf einen weiteren Erfolg der Aktion.

Interessierte können sich im Internet unter www.biosiegel.bayern/30für30 informieren. Dort gibt es auch Details zur Teilnahme, sowie das Anmeldeformular für die zweite Bewerbungsrunde bis zum 24. Mai.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusAndechs
:Das Mysterium der toten Schafe

Unterhalb der Friedenskapelle im bayerischen Andechs legen Unbekannte seit Jahren Tierkadaver ab. Doch wer macht so etwas - und vor allem: warum? Behörden, Bürgermeister und Züchter stehen vor einem Rätsel.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: