Schwierige Haushaltsberatungen:"Das wird weh tun"

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Für Flüchtlinge aus der Ukraine gibt der Landkreis Starnberg Millionen aus. Und das ist nur eine von mehreren Zusatzausgaben. (Foto: Georgine Treybal)

Der Landkreis Starnberg ächzt unter immer neuen finanziellen Belastungen, muss deshalb sparen und mehr Geld als bisher von den Gemeinden kassieren. Letztlich trifft es auch Vereine.

Von Michael Berzl, Starnberg

"Das können wir uns nicht mehr leisten": Dieser Satz dürfte jetzt zum Credo für Kommunalpolitiker werden. Wegen neuer Aufgaben und zusätzlicher Ausgaben wird das Geld knapp. Mehrfach und mit ungewohnter Schärfe hat der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) in dieser Woche in einer Ausschusssitzung deutlich gemacht, dass die Zeit der Wunschkonzerte vorbei ist. Seine Amtszeit ist bisher schon geprägt von Krisen, zuerst Corona, dann der Krieg in der Ukraine. Nun kommen zusätzliche finanzielle Belastungen in Millionenhöhe auf den Landkreis zu.

Wie Frey die Folgen schildert, klingt dramatisch: "Ich war entsetzt, als ich die Zahlen gesehen habe", sagte er. Die Notlage war auch Thema bei einer Dienstbesprechung mit allen Bürgermeistern am Donnerstag. Am kommenden Dienstag tagt der Haushaltsausschuss des Kreistags. Es stehen schwierige Beratungen über den Etat bevor - auch in den Gemeinden. Vereine müssen mit Zuschusskürzungen rechnen. "Das wird weh tun", sagt etwa der Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter (SPD). "Das wird spürbar werden, zum ersten Mal."

Vereine müssen mit Zuschuss-Kürzungen rechnen

Letztlich trifft es die Stadt Starnberg und die umliegenden Gemeinden, wenn der Kreis mehr Geld braucht. Er holt sich die Mittel über eine Umlage, die jetzt schon immense Posten in den Etats der Kommunen ausmachen. In Gauting zum Beispiel ist es der größte Posten bei den laufenden Ausgaben und macht heuer mit fast 14 Millionen Euro mehr als ein Viertel des Gesamtvolumens aus. Nach den mahnenden Worten des Landrats müssen sich die Bürgermeister von Krailling bis Tutzing darauf einstellen, dass sie im nächsten Jahr noch mehr Geld nach Starnberg überweisen müssen. Dann sind die Kommunen ihrerseits zum Sparen gezwungen und müssen eventuell Zuschüsse kürzen.

Ein "Streichkonzert" kündigt der Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter bei den bevorstehenden Haushaltsberatungen an. (Foto: Arlet Ulfers)

"Da wird es das große Streichkonzert geben, die Luft ist raus", sagt Gilchings Bürgermeister Walter mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen. Er rechnet mit einem spürbaren Anstieg der Kreisumlage. Rein rechnerisch müsste man 57 Prozent ansetzen, jetzt sind es noch 50,2 Prozent. Das wäre eine exorbitante Steigerung. Jeder Prozentpunkt mehr mache in Gilching 400 000 Euro aus, sagt Walter.

Die Gemeinderäte treffen sich noch im Oktober zu einem Workshop, in dem sie diskutieren, was sie unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt noch hinbekommen. "Das wird auch bei uns dramatisch werden", sagt Brigitte Kössinger (CSU), Bürgermeisterin der Nachbargemeinde Gauting. Sie spricht von einer "doppelten Katastrophe", denn Probleme wie steigende Energiekosten träfen nicht nur den Kreis, sondern auch die Gemeinden.

Ähnlich schwierig ist die Lage in der kleinen Gemeinde Feldafing. Der dortige Bürgermeister Bernhard Sontheim (Freie Wähler), der auch im Kreistag sitzt, kündigt an: "Wenn wir über unseren Haushalt beraten, werde ich vorschlagen, alle freiwilligen Leistungen auf Null zu setzen." Das betreffe auch den Kulturetat und Zuschüsse für den Sport. "Den letzten beißen die Hunde", so Sontheim. Den Gemeinden würden immer mehr Aufgaben aufgebürdet, die zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden sind, zum Beispiel die Schaffung von Kindergartenplätzen. In seiner Funktion als Kreisrat hat er schon immer vor hohen Ausgaben gewarnt und sagt angesichts der aktuellen Lage: "Wir müssen lernen, dass die goldenen Zeiten vorbei sind."

Feldafings Bürgermeister Bernhard Sontheim. (Foto: Franz Xaver Fuchs/Starnberger SZ)

Es sind einige Millionenbeträge, die der Kreis irgendwie schultern und irgendwie finanzieren muss. Laut Landrat Frey sind es alleine für Flüchtlinge aus der Ukraine etwa 2,3 Millionen Euro. Für Strom und Energie seien zusätzlich 2,6 Millionen zu veranschlagen und für die Schülerbeförderung gut 700 000 Euro mehr. Der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) fordert mehr als vier Millionen Euro mehr an als bisher. "An allen Ecken und Enden entstehen neue Kosten. Das wird nicht lustig werden, was wir in den nächsten Monaten erleben in finanzieller Hinsicht", sagte Landrat Frey, den das Thema sichtlich belastet. Wenn er die aktuelle Lage schildert, ist fast schon eine gewisse Ratlosigkeit zu vernehmen, wie das noch zu stemmen sein wird.

Die Kreisräte schwörte der Landrat im Mobilitätsausschuss am Mittwoch schon einmal auf einen Sparkurs ein: "Wir können nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen", sagte er. Und: "Man muss endlich den Leuten reinen Wein einschenken, wie sehr wir über unsere Verhältnisse leben."

Sehr komfortabel ist etwa auch die Ausstattung des öffentlichen Busnetzes, die eine Menge Geld kostet. "Jeder kennt die leeren Busse, die wir zu jeder Tages- und Nachtzeit in jeden Winkel des Landkreises fahren lassen", sagte Frey. Das dürfte sich ändern. Mitarbeiter im Verkehrswesen im Landratsamt durchforsten nun die Pläne, wo sich Fahrten einsparen lassen - auch mit Blick auf die Wünsche des MVV. Der Verbund hätte im nächsten Jahr gerne einen Betriebskostenzuschuss aus Starnberg in Höhe von mehr als 15 Millionen Euro. Das wäre eine Steigerung um 41 Prozent und damit um 4,5 Millionen Euro. Das ist zu viel, findet Kreiskämmerer Stefan Pilgram, aufgrund der angespannten Haushalts- und Finanzlage "nicht abbildbar", heißt es in seinen Erläuterungen für die Kreisräte. Im Haushalt werden vorerst nur 13 Millionen für den MVV vorgesehen. Es soll noch nachverhandelt werden.

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