Kurzkritik:Geist und Seele

Lesezeit: 1 min

Jazzforum mit Nils Wogram und Bojan Zulfikarpašić

Von Reinhard Palmer, Gauting

Es ist kein Zufall, dass Nils Wogram mit seinem Nostalgia Trio auf einer CD unter dem Titel "Nature" Stücke herausbrachte, die von Landschaften und Naturklängen inspiriert sind. Wogram ist ein überaus sinnenfreudiger Posaunist, der sorgsam mit Klangqualitäten umgeht und ihre Wirkung mit großer Einfühlsamkeit erkundet. Sinneseindrücke jeglicher Art in Musik umzusetzen, liegt dem renommierten Jazzmusiker offenbar besonders. Mit der Duo-Version von "Sanctuary" bekam man im Gautinger Bosco einen deutlichen Eindruck davon. Raffinierte Spieltechniken, die exotische Klänge hervorzurufen vermochten, assoziierte er mit dem Karori Wildlife Sanctuary Park im Neuseeländischen Wellington. Sein Duopartner am Klavier, der Serbe Bojan Zulfikarpašić, ließ sich davon zu perlend-filigraner Pianistik animieren. Umherschweifend mäandernde Lyrik, durchsetzt mit simulierten Naturgeräuschen ergab hier eine bildhafte Einheit. Wie auch sonst die dramaturgische Schlüssigkeit dem Duo zu eigen ist. Allerdings setzte es sonst auf eine Homogenität aus dem Spannungsverhältnis der Zugriffsverschiedenheit der beiden Musiker heraus. Zulfikarpašić, dessen Kompositionen einen großen Teil des Programms ausmachten, ist eher ein kraftvoller Perfektionist an den Tasten, der seine reiche Differenzierung rein anschlagtechnisch zu bewältigen vermag. Er schaffte es auch mit seinen grandiosen Fähigkeiten am Flügel, eine ganze Combo zu ersetzen: Klare Basslinien, groovende Rhythmusfiguren, zudem ausschweifend-virtuose Soli und thematische Ausdeutungen brachte er gewandt und scheinbar mühelos unter einen Hut. Aber auch er verstand es, Klangeffekte mittels manueller Bearbeitung der Saiten zu kreieren. So ergänzten sich Wogram und Zulfikarpašić zu einem überaus reichhaltig gestaltenden Duo.

"TNT" kam extrem chromatisch daher, steigerte sich schließlich bis zu einem wild-dissonanten Finale. Eingängige Themen scheute das Duo durchaus nicht. Wie etwa in Wograms "Moving in", das sich mit weit gedehntem Gesang über der geduldig langsam pulsierenden Begleitung spannte. Euphorie kam indes auf, wenn Wogram seine spieltechnischen Zauberkünste an der Posaune mit großer Umsicht einflocht. Durchaus unter Hinzunahme der Singstimme, die dem Blechblasinstrument fremdartige Klangnuancen entlockte. Eine überaus sinnliche Färbung erreichte er mit Obertongesang, der dem dunkel groovenden Klavier ein entrückt schwebendes Motiv entgegensetzte. Das hatte Geist und Seele. Begeisterte Ovationen.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: