Kurzkritik:Dämliche Flucht

Kurzkritik: Fein getaktetes Geflecht aus hypnotischem Groove und Sprache: "The King is Gone" von Andreas Ammer.

Fein getaktetes Geflecht aus hypnotischem Groove und Sprache: "The King is Gone" von Andreas Ammer.

(Foto: Arlet Ulfers)

Andreas Ammers Hörspiel über Ludwig III. live aufgeführt

Das ist die Geschichte eines jämmerlichen Rückzugs. Die Fahrt beginnt mit Pannen, bald rumpelt das königliche Automobil bei Nebel auf einen dämlichen Kartoffelacker, doch immer ist da ein Tonfall im Spiel, als würden Männer heldenhaft durch die aufgewühlte Ägäis steuern. Dabei geht es erst mal auf der Truderinger Landstraße nach Aßling, Tuntenhausen und Rosenheim. Und die Majestät, die vor den Revolutionären um Kurt Eisner in Sicherheit gebracht werden soll, ist mit Verlaub ein larmoyanter Depp: Ludwig III., der langbärtige "Millibauer". Kann es sein, dass dieser Hosenscheißer eine Regierung geführt hat?

Andreas Ammers Hörspiel "The King is Gone" ist schon deshalb ein Glücksfall, weil es aus bayerischer Geschichte zwar einen skurrilen Spaß macht, aber nie Klamauk. Live zu den Oskar-Maria-Graf-Festtagen funktioniert das sogar besser als auf CD, denn die grandiose Hochzeitskapelle schaltet sofort zurück, wenn einer der fünf Sprecher ins Spiel kommt. Und weil die Musiker wie Ammer stark aufs Stilmittel der Repetition setzen, entwickelt sich ein fein getaktetes Geflecht aus hypnotischem Groove und Sprache, in diesem Fall noch angereichert durch Texte aus Grafs Perspektive. Krimiautor Fritz Ani ist ein herrlich selbstmitleidiger König ("Hab ich denn niemand mehr, niemand?"), Wowo Habdank der muntere Fahrer Tiefenthaler, Matthias Götz spielt sensationell elegant Posaune. In der vollen Aufkirchener Post gibt es für die zum Schreien komische Hosentaschen-Odyssee Ovationen. Zu Recht.

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