Kunsthandwerk:Kornkreis um den Hals

Manuela Richter

Manuela Richter, Goldschmiedin aus Herrsching, stellt in ihrer Werkstatt im Atelier Silberfisch in München ein Amulett, das den Kornkreis von Mammendorf abbildet.

(Foto: Erich C. Setzwein)

Die einen nennen es Sachbeschädigung, die anderen ein Phänomen, das nicht von Menschen gemacht sein kann. Die Herrschinger Goldschmiedin Manuela Richter interpretiert die Kornkreise von Alling und Mammendorf auf ihre Weise

Von Erich C. Setzwein, Herrsching

Sie warten schon länger darauf. Sie warten, dass ihnen ein Zeichen geschickt wird, das sie deuten können als gute Botschaft. Ein Zeichen mit viel Energie, die sie in sich aufnehmen können, die sie womöglich glücklich macht. Ein Zeichen aus dem All. "Die wunderschönen Gebilde", wie etwa das in Alling oder zuletzt in Mammendorf, "können nicht vom Menschen kommen", sagt Manuela Richter. Auch die 39-Jährige wartet darauf, dass in irgendeinem Weizenfeld in der Umgebung doch noch ein Kornkreis entsteht: "Ich bin gespannt."

Manuela Richter hat ihre ganz eigenen Ansichten von Kornkreisen, vom Leben, von der Welt. Die Goldschmiedin, die aus Freital in Sachsen stammt, in Herrsching lebt und an der Schmuckwerkstatt "Silberfisch" im Münchner Westend beteiligt ist, sagt von sich, dass sie besonders sensibel empfinde. Sie habe eine Begabung dafür zu spüren, wenn es einem Menschen schlecht gehe. Das habe mit der Energie zu tun, die ein Mensch ausstrahle. Oder Orte, wie zum Beispiel Swakopmund in Namibia, wo sie nach ihrer Lehre zwei Jahre bei einem Juwelier arbeitete.

Das Land im Süden Afrikas hat sie gefangen genommen, immer wieder denke sie an die Menschen, an die Natur. An ihrem Arbeitsplatz schaut sie auf Fotos und Postkarten aus Namibia, die durch die Farben Wärme und Energie ausstrahlen. Es ist eine erstaunlich helle Werkstatt im Souterrain, belichtet durch ein großes Fenster. Draußen vor dem Fenster scheint ein kleines Ufo geparkt worden zu sein, grüne Augen lugen herein. Doch das Gerät gehört nicht zur Ausstattung einer Kornkreis-Liebhaberin, es ist lediglich eine alte Leuchte aus einem Operationssaal, die irgendwann einmal vom Flohmarkt ihren Weg in die Heimeranstraße fand. Inmitten von Materialien, Werkzeugen und angefangenen Schmuckstücken arbeitet die Goldschmiedin an einem Amulett. Es zeigt den Kornkreis von Mammendorf so, wie ihn nur diejenigen im Juli vergangenen Jahres wahrnehmen konnten, die ihn von oben betrachteten. Wie ein außerirdisches Kegelspiel, in einer harmonischen Symmetrie ohne Ecken und Kanten. Nicht so streng und zackig wie das Achteck ein Jahr zuvor in einem Weizenfeld im Allinger Ortsteil Biburg. Auch dieses Symbol hat Manuela Richter, die ihre Produkte unter dem Markennamen Mari Engel anbietet, als Amulett ausgearbeitet. Doch das Zeichen von Alling, meint sie, habe am wenigsten Energie von allen, es sei auch bei ihren Kunden nicht ganz so beliebt.

Wer sind diese Kunden, die sich ein Kornkreis-Motiv um den Hals oder an die Ohren hängen wollen? "Manche bleiben einfach vor unserem Schaufenster stehen, sehen zufällig die Amulette, andere fragen gezielt nach." So sei sie schon gefragt worden, ob sie zuerst die Motive schaffe, nach denen hinterher die Kornkreise entstünden. Das weist sie weit von sich, sie bilde nur ab, was entstanden sei. Sie ist auch an den in England häufig vorkommenden Kornkreisen interessiert und verfolgt die Deutungen der Motive aufmerksam. Die ganze Cropcircle-Community interpretiert, was oft von einer Nacht auf den nächsten Tag in den Getreidefeldern geschaffen wird. In Mammendorf waren es immerhin 180 Meter im Durchmesser, die der Kreis ausmachte. Selbst Grundbesitzer Georg Huber zeigte nach anfänglichem Schock Respekt vor den Machern: "Absolut perfekt", kommentierte er das, was Unbekannte in seinem Feld südlich des Sees angestellt hatten. Auch die Kornkreisszene war voll des Lobs. So exakt gestaltet, die Halme nebeneinander gelegt und nicht geknickt und keine besonderen Spuren riefen Begeisterung hervor. Und natürlich begann auch wieder die Diskussion, ob es sich um reine, also von Menschen gemachte Landschaftskunst handelt oder es ein Werk von Aliens ist.

Die Genauigkeit, mit der Kornkreise wie der in Mammendorf entstehen, fasziniert auch Manuela Richter. Um die Kornkreis-Symbole so exakt wie möglich nachzubilden, bedient sich die Handwerkerin der CAD-Technik. Ein Computerprogramm hilft ihr beim Design, in weiteren Schritten wird eine Gussform erstellt, in der das Kornkreis-Emblem dann aus Silber gegossen wird. Damit angefangen hat sie nach dem Kornkreis von Andechs 2012. Der zwölfzackige, verwirbelte Stern war der Ausgangspunkt für die künstlerische Umsetzung. Das dauerte eine Weile, aber durch Zufall, wie sie meint, wurde ihr erstes Kornkreis-Amulett genau zu dem Zeitpunkt fertig, als 2014 in einem Feld unweit der Satellitenanlagen von Raisting ein neuer Kornkreis entstand. "Er hatte die krasseste Energie von allen", erinnert sich die 39-Jährige. Mit vielen anderen, die nach Raisting pilgerten, habe sie die Kraft, die sie dort gespürt habe, aufgenommen. Das sei auch kein Wunder, lägen doch Raisting und Andechs auf einer der Energielinien, die die Erde umspannten, erläutert die Goldschmiedin. In der Esoterik werden solche Linien auch als Ley-Linien bezeichnet, auf ihnen werden frühere Kultstätten in Ägypten, China oder Mexiko verzeichnet. Orte, die für die Menschen wichtig waren oder noch sind. So seien auch Kornkreise "kein Phänomen unserer Zeit", sagt Manuela Richter und ist davon überzeugt, dass es diese Symbolik schon seit Tausenden Jahren gibt.

Aber was sagen die Zeichen? "Es sind Botschaften in den Kornkreissymbolen, sie geben uns Hinweise auf eine Veränderung." Doch die Botschaften, die in Alling und Mammendorf ins Weizenfeld getrampelt wurden, wie die Polizei die Sachbeschädigung nennt, liegen weit weg von jeder Ley-Linie. Manuela Richter kann nicht erklären, warum das so ist. "Das ist halt so."

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