Stolz blickt der eine Pinguin auf den Besucher herab. Ein anderer zieht den Kopf ein, und ein Dritter blickt einfach naiv in die Umgebung. Daneben stehen Pinguin-Eltern, die arglos ihre Kleinen betreuen. Unter dem Motto "Die Pinguine am Starnberger See sind beinahe ausgestorben" sind bis zum 21. November Pinguin-Zeichnungen und Skulpturen von dem Leipziger Künstler Sebastian Jung im Museum Starnberger See zu sehen. Die Ausstellung wird am Sonntag, 31. Oktober, um 15 Uhr offiziell eröffnet.
Die künstlerische Intervention ist Teil des Projekts "Bio Bio SUV", das in Zusammenarbeit mit der Nachwuchsgruppe "Mentalitäten im Fluss" der Universität Jena entstanden ist und den Auftakt bildet zu einer Einzelausstellung von Sebastian Jung im kommenden Jahr. Ziel des Künstlers ist es technische, wissenschaftliche Machbarkeiten aufzubrechen und sich dem Thema Bioökonomie, in der Energie und Rohstoffe aus biobasierten Grundstoffen gewonnen werden, auf künstlerischem Weg anzunähern. Das Projekt wird im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2020/21 vom Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung finanziert. Zeitgleich findet auf dem Museumsareal die Plakataktion "Rettet die Pinguine" statt.
Was aber haben Pinguine mit dem Starnberger See zu tun, fragt sich so mancher Besucher. "Es gibt keine direkten Antworten", erklärt der 34-jährige Künstler, der in Weimar geboren ist und an der Universität Jena studiert hat. Er will mit seinen Arbeiten Irritationen auslösen und dadurch Aufmerksamkeit erzeugen. Dennoch stellt Jung durchaus einen Zusammenhang her zwischen den Seevögeln aus der Antarktis und am Starnberger See. Der See sei in der Eiszeit entstanden, also geschmolzenes Eis, sagt Jung. Und Pinguine seien eine Projektionsfläche für die Menschen. "Die Pinguine folgen ihrem Instinkt, genau das tun wir Menschen auch", ergänzt Museumsleiter Benjamin Tillig. Er hat Jung vor etwa einem Jahr kennengelernt und seine Werke nun nach Starnberg geholt. Das Team unter Kuratorin Sophie Pietryga bereitete die Ausstellung etwa sechs Monate lang vor.
Die Pinguine stehen in Barockkirchen, vor Schloss Nymphenburg, vor der Alpenkulisse oder in einem Rapsfeld. Die Collagen hängen an Vitrinen, in denen alte Werkzeuge oder Haushaltsgeräte ausgestellt sind. Damit greift Jung in die traditionelle Präsentation des Heimatmuseums ein und überlagert mit seinen Zeichnungen die regionale Geschichte. Tillig zufolge ist der Pinguin ein neuer Protagonist, der sich in das Bayernidyll mit seinen Seen und Schlössern drängt und den Blick auf Kultur und Natur, Zivilisation und Ökologie lenke. Der Museums-Chef ist begeistert von der Qualität der Darstellungen, die Jung mit ungeheurer Schnelligkeit auf dem Handy gestaltetet. Die Pinguine sind nach Meinung Tilligs sehr präzise gezeichnet, jeder Charakter pointiert dargestellt. Jung zeichnet zwar auch auf Papier, doch Block und Bleistift habe er nicht immer zur Hand, erklärt der Künstler.
Die Pinguinskulpturen hat Jung aus Dämmplatten gefertigt. Sie tummeln sich auf dem Prunkschiff "Delphin" oder im Einbaum - ebenfalls ein Widerspruch, mit dem Jung spielt. Die Dämmplatten werden aus dem fossilen Rohstoff Erdöl gefertigt, "die wir uns auf die Häuser knallen", erklärt er. Im Gegensatz dazu stehe das Naturmaterial Holz der historischen Schiffe, heutzutage komme man wieder auf diesen Baustoff zurück. Laut Jung stellt sich die Frage, ob diese Rückbesinnung hin zu biologischen Stoffen funktioniert oder ob man Handlungsgewohnheiten nicht ändern müsse. Diese emotionale Haltung will Jung mit der wissenschaftlichen Perspektive zusammenführen. Weitere Infos finden sich im Internet unter www.biobiosuv.de.