Kunst im öffentlichen Raum:Hirschgeweih auf Rädern

Wörthsee Skulpturenweg

Gweniere Lyon, Johannes Englmeier, Ute Lechner und Marianne Schweigler (v.l.) bestücken den Wörthseer Skulpturenweg.

(Foto: Georgine Treybal)

Auf dem neuen Wörthseer Skulpturenweg sind erst wenige Arbeiten zu sehen, das Projekt soll aber noch wachsen. Die Installation "Laudemium" gehört zu den eindruckvollsten Werken

Von Armin Greune

Die vergangenen Tage hatte Johannes Englmeier Stress. Gemeinsam mit anderen Künstlern, Familienangehörigen und Mitstreitern war er von früh bis Mitternacht auf den Beinen, damit der Wörthseer Skulpturenweg noch rechtzeitig zur Vernissage am Donnerstagabend fertig wird. Um etwa die sechs Zentner schwere Stahlkugel von Ute Lechner und Hans Thurner aufzustellen, war es nötig, noch am Dienstag ein Fundament aus 350 Kilogramm Beton zu schaffen. Jetzt steht die einen Meter durchmessende Skulptur "Die Erde ist keine vollkommene Kugel" neben dem Fichtenzwilling an der Seepromenade - als eins der neun Objekte, die schon jetzt den Weg vom Rathaus bis zur Mündung des Auinger Bachs säumen.

"Der Anfang ist das Schwierigste", meinte Juliane Seeliger-von Gemmingen, Kulturbeauftragte der Gemeinde, bei der Vernissage. Doch aus dem zugegebenermaßen eher bescheidenen Auftakt soll "dem Ort vielleicht auch mal ein künstlerisches Gesicht" erwachsen. Es gäbe bereits viele Anfragen von Künstlern, die sich an der Freiluftausstellung beteiligen wollen - darunter auch mit Werken, die noch am Schondorfer Skulpturenweg stehen, der zum Jahresende aufgelöst werden soll. Fernziel sei, dem von den Rotarierern angelegten Spazierweg zu folgen und - in Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Seefeld - den ganzen Wörthsee mit einem Ring aus Kunstwerken zu umspannen. Seeliger-von Gemmingen ist zuversichtlich, den Skulpturenweg im nächsten Jahr bis zur Rossschwemme erweitern und auffüllen zu können.

Aber auch die Auswahl an bereits aufgestellten Plastiken kann sich sehen lassen - besonders wenn man noch das "Laudemium" mit einbezieht, das vom See aus gesehen hinter dem Rathaus in Steinebach Quartier bezogen hat. 29 stählerne Karren sind dort aufgereiht, der Rest von einst 55 zweirädrigen Gefährten, die Ute Lechner und Thurner vor 19 Jahren für die Landesausstellung in Seeon schufen. Der vor zwei Jahren gestorbene Bauer, Bildhauer und Obinger Bürgermeister schweißte die Karren, seine Frau belegte sie mit verschiedenen Bronzeobjekten: einem Paar Schuhe etwa, einem Hirschgeweih, zwei gerupften Hühnern oder einem Brotlaib und Ratten. Sie stehen für Abgaben, die Landwirte früher an die Grundherren zu leisten hatten. Englmeier hat sie nach und nach im Konvoi aus der alten Mühle des Künstlerpaars in der Nähe von Wasserburg geholt. Als Schüler Thurners lernte er dort auch den ersten bayrischen Skulpturenweg kennen, den sein Lehrer 1988 initiierte.

Ute Lechner war zur Eröffnung des Projekts die Künstlerin mit dem weitesten Anreiseweg. Es werden noch weitere Werke von ihr nach Wörthsee folgen, kündigte Englmeier an. Drei seiner neun "Fremdlinge" markieren nun das vorläufige Ende des Skulpturenwegs, sein "Schiffsturm" kann erst aufgerichtet werden, wenn die Behörden die Statik abgesegnet haben. Seit mehr als einem Jahr stehen bereits vor dem Rathaus zwei Bronzegüsse von Walter Kopp, die von 111 Grundschülern gefertigten "Mikados" finden sich vorerst nebenan.

Doch Standorte und Skulpturen seien nicht für die Ewigkeit verplant, sagt Seeliger-von Gemmingen: Das Projekt soll sich dynamisch entwickeln und auch Workshops mit Kindern oder Jugendlichen sowie Aktionen einschließen. Es sei auch angedacht, den Künstlern ein Stellgeld für ihre Exponate zu zahlen, sagte Englmeier. Und Bürgermeisterin Christel Muggentahl kündigte an, den in Gründung befindlichen Skulpturenweg-Verein im Konzept für den neuen Veranstaltungssaal auf dem Kirchenwirt-Areal einzubinden.

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